Von vielen vergessen: Benjamin Netanyahu (rechts) unterzeichnet im Oktober 1998 die Vereinbarung von Wye River mit Yassir Arafat (links). |
Zwei Indikatoren legen nahe, was uns bevorstehen könnte: (1) das allgemeine Muster der vier Likud-Premierminister seit 1977 und (2) insbesondere Netanyahus eigene Geschichte als einer dieser vier.
Levi Eshkol (Premier von 1963-69) gab einmal das Täuschungsverhalten israelischer Politik zu: "Ich versprach nie mein Versprechen zu halten!" In diesem Geist führten drei der vier Likud-Chefs ihren Wahlkampf rechts und regierten dann links, brachen ihre Wahlkampfversprechen, sich nicht aus 1967 von Israel eroberten Gebieten zurückzuziehen.
- Menachem Begin (Premier 1977-1983) wurde 1977 mit einer nationalistischen Plattform gewählt, die die Annexion von Teilen der Westbank beinhaltete; statt dessen zog er alle israelischen Truppen und Zivilisten von der Sinai-Halbinsel ab.
- Yitzhak Shamir (Premier 1983-1992) führte seinen Wahlkampf mit einem Programm gegen Landabgabe an Araber und hielt Wort.
- Netanyahu (Premier 1996-1999) versprach die Golanhöhen zu behalten, verhandelte das Territorium aber fast weg; er war gegen die Oslo-Vereinbarungen, gab mit den Abkommen von Hebron und Wye mehr Kontrolle an die palästinensische Autonomiebehörde ab.
- Ariel Sharon (Premier 2001-2006) gewann die Wahlen von 2003 mit Argumenten gegen einen einseitigen Abzug aus dem Gazastreifen; dann machte er genau das und zog alle israelischen Truppen und Zivilisten ab.
In einem Überblick über die Geschichte des Likud stellt Nicole Jansezian in Newsmax ironisch fest: "Während palästinensische, amerikanische und europäische Führer sich darüber sorgen, wie Israels Ruck nach rechts den Friedensprozess negativ beeinflussen wird, sind vielleicht die einzigen, die eine rechts gerichtete israelische Regierung fürchten müssen die israelischen Rechten."
Shamirs Meinung über Netanyahu ging den Bach runter, nachdem er dessen Handeln als Premierminister sah; 1998 war er so weit Netanyahu als jemanden zu betrachten, der praktisch alles tut "um wieder gewählt zu werden und am Sessel des Premierministers festzuhalten". Ich durchlief einen ähnlichen Desillusionierungsprozess; 1996 feierte ich Netanyahus Aufstieg, wurde aber in Folge des Fehlens von Prinzipien seinerseits derart sauer, dass ich bei den Wahlen 1999 widerstrebend seinem Gegner von der Arbeitspartei den Vorzug gab.
Was nun, wo Netanyahu sich wieder darauf vorbereitet das Amt zu übernehmen? Weder die Geschichte seiner Partei noch seine eigene Biographie, sein Charakter oder aus Israel kommende Gerüchte deuten an, dass er seine Wahlversprechen halten wird. In der Tat fiel Netanyahu gleich beim ersten Test durch: Nachdem 65 der 120 Mitglieder des israelischen Parlaments Präsident Shimon Peres informierten, dass sie Netanyahu als Premierminister unterstützen würden, gab Peres am 20. Februar Netanyahu die Chance eine Regierung zu bilden.
Netanyahu begann damit, dass er all diese Verbündeten zugunsten der Bildung einer Regierung der "nationalen Einheit" mit den linken Parteien, vor allem der Kadima und der Arbeitspartei, fallen ließ. Er verkündete sogar, dass sein größter Fehler 1996 gewesen sei, keine Regierung mit der Arbeitspartei zu bilden: "Im Nachhinein betrachtet hätte ich nationale Einheit anstreben sollen und ich versuche das heute zu korrigieren." Kadima und Arbeitspartei scheinen sich entschieden zu haben Netanyahus Plan zu vereiteln und in die Opposition zugehen. Aber dass er eine Koalition mit der Linken vorzog, entlarvt die Oberflächlichkeit seiner Wahlkampfaussagen.
Im Sinne dieser Haltung antwortete er, als ein Interviewer ihn fragte: "Sie sind nicht der rechtsgerichtete Falke, als den die Zeitungen Sie beschreiben?" Netanyahu erinnerte stolz an den Verrat seiner Versprechen in den 1990er Jahren: "Ich bin der, der im Streben nach Frieden das Wye-Abkommen und das Hebron-Abkommen schloss."
Zu den Golanhöhen hat die Diplomatie anscheinend schon begonnen. US-Außenministerin Hillary Clinton sagt, die Bedeutung der syrisch-israelischen Gespräche "kann nicht hoch genug bewertet werden". Trotz Netanyahus angeblicher Ablehnung dieser Verhandlungen stellte ein enger Berater fest, dass ein Durchbruch mit Damaskus einen Weg bietet sich bei der Obama-Administration einzuschmeicheln; Netanyahu würde erwarten, dass Washington ihm im Gegenzug "bezüglich der Palästinenser eine Pause gibt".
Insider versichern mir, dass Netanyahu sich weiter entwickelt hat und ich hoffe sie haben recht. Aber ein führender Likud-Politiker stellte fest, als er die Koalitionsgespräche verfolgte: "Bibi verkauft alles an die Koalitionspartner. Wir kümmern ihn nicht. Ihn kümmert nur er selbst." Gleichermaßen erwarten Netanyahus Gegner, dass er seine persönliche Agenda verfolgt: Yaron Ezrahi, Politikwissenschaftler an der Hebräischen Universität, sagt, Netanyahu habe wenig Bedenken "ideologische Haltungen zu opfern, so lange ihn das an der Macht belässt".
Selbst während ich hoffe positiv überrascht zu werden, sorgen bekannte Muster dafür, dass ich mir Sorgen mache.