Die amerikanischen Streitkräfte verließen letzte Woche die irakischen Städte unter Paraden, Feuerwerk und Sprechchören wie "Raus, Amerika, raus" und "Die Amerikaner sind weg! Bagdad hat gesiegt!"
Iraker feiern am 1. Juli den Abzug von US-Soldaten aus den irakischen Städten. |
Einige städtische US-Befestigungsanlagen wurden den Irakern übergeben, andere geschleift. Captain Andrew Roher drückte es so aus, als er an einer Einkaufsstraße in Zentral-Bagdad stand und zusah, wie seine kleine Basis beseitigt wurde: "Das Ziel ist, keine Spur übrig zu lassen." Amerikanische Truppen sind in Zelt- und Sperrholz-"Anlagen" ("Basen" soll man sie nicht nennen) außerhalb der Städte umgezogen.
Diese Veränderungen bedeuten, kurz gesagt, dass die Iraker, trotz mehr als sechs Jahren US-geführter Besatzung und obwohl sie immer noch beträchtlicher US-Unterstützung bedürfen, endlich mehr oder weniger ihr Land selbst führen.
Für mich kommt dieser amerikanische Umzug aufs Land sechs Jahre zu spät. Bereits 2003 riet ich in dem Artikel "Lasst Iraker den Irak führen": "Übergebt die Macht den Irakern. Lasst sie eine Regierung bilden... Man sollte die Koalitions-Streitkräfte nicht mehr in den Straßen patrouillieren und keine Gebäude mehr beschützen lassen, sondern in Wüstenbasen stationieren."
Washingtons große Verspätung hat die Amerikaner enorm viel gekostet, angefangen mit Tausenden Toten und Hunderten Millionen Dollar; es ging mit der Vergiftung amerikanischer Politik weiter. Die amerikanischen Interessen an das Wohlergehen der städtischen Iraker zu binden, zerschlug die "Wir stehen zusammen"-Solidarität nach dem 11. September 2001 und ersetzte sie durch die verdrießlichste und bösartigste Debatte seit dem Vietnamkrieg.
Schlimmer noch: Die irakischen Städte besetzt zu haben, hat noch immer nicht kalkulierbare Langzeit-Auswirkungen. Mehr als jeder andere Faktor hat die Übernahme der Verantwortung für die irakischen Städte George W. Bush diskreditiert und die Welle der Unterstützung aufgebaut, die den am weitesten links stehenden Politiker aller Zeiten ins Präsidentenamt spülte. Barack Obamas erstes halbe Jahr im Amt legt nahe, dass er fundamentale Veränderungen in den Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft vornehmen will; in diesem Sinne werden die Amerikaner vermutlich noch Jahrzehnte für Fehler bezahlen, die im Irak gemacht wurden.
Und was ist mit den Folgen der Besatzung für die Iraker? Ernesto Londoño von der Washington Post vermerkt, dass zwei Fragen die US-Truppen verfolgten, während sie sich für den Abzug vom 30. Juni vorbereiteten: Wie werden sich die irakischen Streitkräfte nach unserem Weggang verhalten? Werden amerikanisches Leben und Staatsausgaben, die zur Stützung und Legitimierung der irakischen Regierung aufgewendet wurden, sich als gute Investition erweisen?
Ich bin pessimistisch, weil ich den Irak als historisch gewalttätiges Land betrachte, das noch aus dem stalinistischen Albtraum des Saddam Hussein herauskommen muss; als einen Ort, der mit Korruption, Spannungen, Hass und dem Wunsch nach Rache durchsetzt ist. Amerikanische Truppen sechs Jahre lang vor Ort gehabt zu haben, hat den Druck zeitweilig im Zaum gehalten, wird aber das Schicksal des Landes kaum verbessern.
Viele Iraker stimmen dem zu. "Wenn die Amerikaner gehen, wird alles geplündert werden, weil niemand auf etwas aufpassen wird", sagt ein Leutnant der irakischen Armee. "Es wird Bürgerkrieg geben, kein Zweifel", sagt ein Übersetzer voraus. Niemand beachtet die quietschvergnügten Botschaften von Hoffnung und Versöhnung, die im Irak mit US-Steuergeldern verbreitet werden." Der Irak gleicht derzeit einem Baby. Er braucht Leute, die sich um ihn kümmern", sagte der Vorsitzende eines örtlichen Sicherheitsrats. Der schiitische Abgeordnete Qassim Daoud forderte offen, dass die amerikanischen Truppen bis 2020 oder 2025 bleiben sollten.
Aber die Truppen ziehen unaufhaltsam ab und, so sage ich voraus, die massiven amerikanischen Anstrengungen werden rasch aufgelöst, fehlgeschlagen und vergessen sein. Die Iraker werden schwach mit Problemen wie dem Terrorismus, sunnitisch-schiitischen Spannungen, kurdischer Autonomie, islamistischen Ambitionen, verschwindenden Christen, einem brüchigen Staudamm von Mossul und einer veralteten Öl- und Gas-Infrastruktur umgehen. Bürgerkrieg bleibt eine akute Zukunftsaussicht, wenn die sektiererischen Kämpfe wieder aufleben. Derzeit weisen alle Anzeichen darauf hin, dass die Iraker nicht einmal ihre von den USA gespendete, Milliarden Dollar teure Militärausrüstung instand halten können.
Als Amerikaner wünsche ich dem Irak alles Gute, aber: Ein Glück, dass die US-Kontrolle der Städte vorbei ist; auf Wiedersehen der Aufsicht über Wirtschaft und Schulen, Lebewohl der Sorge um Stammesbeziehungen und den Staudamm von Mossul; und ein Adieu der Verantwortung für die Terroristen und ihre Opfer.
Ironischerweise fügte die Besatzung der irakischen Städte den Vereinigten Staaten schweren und dauerhaften Schaden zu, aber ihr nützlicher Einfluss auf den Irak wird vermutlich oberflächlich und kurzlebig sein. Alles in allem wird eine schmerzliche Verschwendung von Ressourcen kein bisschen zu früh heruntergefahren.