Wie andere Beobachter der türkischen Politik war ich am 1. November verblüfft, als berichtet wurde, dass die herrschende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (Adalet ve Kalkınma Partisi oder AKP) ihren Anteil bei der nationalen Wahl gegenüber der Wahl im Juni 2015 um 9 Prozent und ihre Sitze im Parlament um 11 Prozent erhöhen konnte.
Die Umfragen hatten beständig gezeigt, dass die vier großen Parteien etwa dieselbe Zahl an Sitzen wie im Juni gewinnen würden. Das machte intuitiv Sinn; sie repräsentieren einander feindselig gegenüberstehende Anschauungen (Islamisten, Linke, Kurden, Nationalisten), die erhebliche Bewegung von einer zur anderen Partei innerhalb von weniger als fünf Monaten höchst unwahrscheinlich macht. Dass rund einer von neun Wählern sich für eine andere Partei entschied, widerspricht der Vernunft.
Umfrageergebnisse zu den türkischen Wahlen zwischen Juni und November 2015. |
Der starke Anstieg der AKP gab ihr die parlamentarische Mehrheit zurück, die sie im Juni 2015 verloren hatte, was Präsident Recep Tayyip Erdoğan einen halblegalen Weg in die diktatorische Machtfülle verspricht, die er anstrebt.
Für mich riechen die Ergebnisse nach Betrug. Es widerspricht zum Beispiel der Vernunft, dass der Krieg der AKP gegen die Kurden ein Viertel der türkischen Kurden dazu veranlassen würde die prokurdische Partei im Stich zu lassen und ihre Stimme jetzt der AKP zu geben. Während Nachrichten über Irreguläres einlaufen, fasst Michael Rubin von AEI die Probleme auf Commentary zusammen:
Türkische politische Analysten bemessen Erdoğans Betrugsquotienten auf etwa 5 Prozent - das kalkuliert alles ein, von aufgefüllten Wahlurnen, Schwindeleien der staatlichen Turkish Airlines beim Transport der Wahlurnen aus dem Ausland, verschwundenen Wahlurnen aus von der Opposition beherrschten Stäten und Distrikten und so ziemlich alles, bei dem der Bürgermeister von Ankara seine Finger im Spiel hat. Im Fall der Wahl vom Sonntag scheint es so zu sein, dass Erdoğans AKP die Stimmen Hunderttausender Toter erhielt...
Angesichts der Geschichte an Betrug bei türkischen Wahlen ist es kein Schock, dass diese manipuliert wurde, besonders da vorher schon Gerüchte über ausgeklügelte Bemühungen zur Manipulation der Wahl umherschwirrten. (Denken Sie bei den Methoden an den Abgasbetrug von VW.)
Die Bürger der Türkei stehen jetzt vor der entscheidenden Frage, ob sie das Ergebnis dieser Wahl akzeptieren oder ablehnen sollen. Was wird obsiegen - die Angst vor Erdoğans Radikalität oder Wut angesichts des Schwindels? Sollten die Türken Widerstand leisten, werden sie sich leider, weil sein Staatsstreich über die Wahl den demokratischen Weg abgeriegelt hat, veranlasst sehen das auf nicht demokratische Weise zu tun. (3. November 2015 )