Einführung der Schriftleitung:
Eine Fotografie einer Straße in New York aus dem Jahr 1900 zeigt, dass fast jedes Fahrzeug von Pferden gezogen wird. Nur zwölf Jahre später zeigte ein Foto derselben Straßenecke zumeist Automobile. Wenige sahen den völligen Zusammenbruch des Verkehrswesens kommen.
Heute argumentieren manche Experten, darunter Tony Seba von der Stanford University, dass die Effektivität von Solarenergie und Stromspeicherungstechnologien allein in den letzten achtzehn Monaten Quantensprünge bezüglich der Verbesserungen gemacht haben. Diese Verbesserungen drohen die Energieindustrie zu zerreißen. Die Überraschung ist weniger das Aufkommen dieser revolutionären Technologien, sondern die Geschwindigkeit, mit der sie in Betrieb gehen.
Bis 2030, sagt Seba voraus, wird alle neue Energie durch Sonne und Wind bereitgestellt. Alle neuen Massenmarkt-Fahrzeuge werden elektrisch betrieben sein. Und es wird weniger solcher Fahrzeuge geben, da autonome Fahrzeuge einen dramatischen Einzug in den Markt halten werden. "Öl, Gas, Kohle und Kernenergie werden überflüssig werden", argumentiert er.
Nehmen wir an, dass der Untergang fossiler Treibstoffe Wirklichkeit wird. Wie werden die wirtschaftlichen und geopolitischen Konsequenzen für die OPEC-Länder, Russland, die Türkei, Afrika, die Vereinigten Staaten und Kanada aussehen? Wie werden der Zusammenbruch der Automobilindustrie Deutschland, China und Japan berühren (wobei Deutschland und China heute sehr eng bei der Elektrofahrzeugentwicklung zusammenarbeiten)? Wie, wenn überhaupt, wird die NATO betroffen sein? Das Pariser Klima-Abkommen?
Wenn diese Vorhersagen korrekt sind, wird eine Menge Aktienkapital weltweit obsolet werden. Wer wird von neuen Investitionsmöglichkeiten profitieren und wer wird in wertlosen Schulden stecken bleiben? Wer werden die Gewinner und wer die Verlierer sein? Und wie sollten die politischen Entscheidungsträger von heute für diese potenziellen Schocks für das globale System planen?
Es folgen fünfzehn Antworten von Marco Annuniata, Martin Neil Baily, W. Bowman Cutter, Andrew DeWit, Deborah Gordon, Gary H. Kleinman, Robert E. Litan, Edward N. Luttwak, Robert A. Manning, J.W. Mason, Wolfgang Münchan, Daniel Pipes, Roger B. Porter, Jeffrey D. Sachs und Bret Swanson.
Der Ostermorgen auf der Fifth Avenue von New York 1913. Beachten Sie, dass es nur ein Pferdefuhrwerk gibt. |
Der Unruheherd der Welt, der Nahe Osten, wird noch problematischer werden.
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Der Burj Khalifa in Dubai, das höchste Gebäude der Welt, wurde nur zum Teil mit fossilen Brennstoffen gebaut. |
Da die Region mehr als der Hälfte der fossilen Brennstoffreserven der Welt hat, wird der Nahe Osten unverhältnismäßig stark vom Preis von Öl und Gas betroffen sein, von Fällen extremer nationaler Abhängigkeit (das winzige Qatar mit seiner übergroßen Rolle in der Welt) über ökologische Katastrophen (Saddam Hussein steckte 1991 die Ölbrunnen von Kuwait in Brand) bis zu geopolitischen Spannungen (um Gas aus dem östlichen Mittelmeer). Sollte also der Preis für Kohlenwasserstoffe zusammenbrechen, wird der Bereich von Marokko bis zum Iran am stärksten betroffen sein.
Ja, manche Wirtschaften wie die von Tunesien, der Türkei, Israel, Bahrain und Dubai sind nicht so stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Ja, manche Führungspolitiker, insbesondere der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, erkennen, dass das Rentenmodell nicht aufrecht erhalten werden kann und suchen nach Streuung. Und ja, der Untergang von Öl und Gas wird einige gute Nachrichten bringen: Mehr Meerwasser-Entsalzungsanlagen, weniger Islamismus (der hauptsächlich von Petrodollars finanziert wird) und Israels Feinde werden geschwächt sein.
Die negativen Konsequenzen eines Zusammenbruchs der Gas- und Ölpreise werden allerdings weit stärker sein. Direkte Investitionen aus dem Ausland werden schrumpfen. Die Mehrheit der Wirtschaften des Nahen Ostens werden krampfen. Regime wie die Islamische Republik Iran oder die Volksrepublik Algerien werden nicht überleben, was mehr Anarchie bringen wird (die in Afghanistan, Ägypten, dem Irak, Libanon, Libyen, Somalia, Syrien, der Westbank und dem Jemen bereits grassiert). Streit um Zugang zu knappen Ressourcen werden neue Konflikte ankurbeln. Gastarbeiter werden in Scharen nach Hause zurückkehren und diese Wirtschaften durcheinanderbringen. Wirtschafts- und andere Migranten werden aus der Region strömen, zumeist Richtung Westen, was die Politik Europas weiter durcheinander bringt. Die wichtigsten Luftfahrt- und Schifffahrtsrouten werden unterbrochen werden. Die Beendigung von US-Engagement wird Atomwaffenprogramme ermöglichen.
Kurz gesagt, das Hauptproblemfeld der Welt wird seine Rolle behalten, das aber noch verstärkt. Achten Sie auf den Nahen Osten, immer noch das größter Ärgernis der Welt, das er nach dem Verfall von Öl und Gas noch lange weiter sein wird.