Die iranische Regierung erfuhr vor Kurzem, dass der amerikanische Geheimdienst ihre Geheimcodes entziffert hat und ihre Post lesen kann. Das ist ein Schlag für die amerikanischen Interessen, denn es bedeutet, dass man die Möglichkeit verloren hat, Zugang zu vertraulichen Informationen des Feindes zu haben – samt allen Vorteilen, die das bietet.
Wer ist für diese Entwicklung verantwortlich zu machen?
Ahmed Chalabi – der irakische Politiker, den ich kannte, mit dem ich gearbeitet, den ich unterstützt und seit 1991 bewundert habe – hat den letzten Monat auf dem Schleudersitz gesessen und wurde von ungenannten Geheimdienstlern beschuldigt, das iranische Regime darüber informiert zu haben, dass seine Codes geknackt wurden.
Chalabi streitet die Vorwürfe ab und sagt, dass seine Organisation, der Irakische Nationalkongress, keine geheimen Informationen" von der amerikanischen Regierung erhalten hat. Und falls das etwas wert ist: Die Iraner streiten ebenfalls ab, dass Chalabi ihnen etwas von Code knacken der Amerikaner erzählt hat.
Beim logischen Durchdenken komme ich zu dem Schluss, dass Chalabi für die Beschädigung der amerikanischen Interessen nicht verantwortlich ist; die Verantwortung müssen eher die Central Intelligence Agency und das Außenministerium übernehmen. Hier mein logischer Gedankengang, eine Art Rückverfolgung dessen, was passiert ist.
Zu Beginn drei Annahmen: Erstens die, dass die Reaktion in Washington (die mögliche Strafgerichtsverfahren einschließt) von Ernsthaftigkeit zeugt und bestätigt, dass US-Kryptographen tatsächlich die iranischen Codes knackten. Zweitens, dass Teheran die US-Reaktion als Beweis interpretiert, dass seine Codes geknackt wurden. Drittens, dass es die nötigen Schritte unternimmt, um die Geheimhaltung wiederherzustellen.
Eine Möglichkeit ist, dass Chalabi den Iranern gar nichts sagte. In diesem Fall kommt der Vorwurf, er hätte ihnen etwas mitgeteilt, aus einer anderen Ecke.
- Vielleicht hat das Außenministerium oder die CIA das erfunden. (Plausibel: das TIME Magazine hat dokumentiert, wie das Weiße Haus seit April versucht hat Chalabi zu ins Abseits zu stellen.)
- Oder die Iraner haben es verbreitet um festzustellen, ob ihr Code geknackt wurde. (Plausibel: es würde erklären, warum sie denselben Code benutzen, um zu sagen, dass der Code geknackt wurde.)
Oder Chalabi sagte ihnen, dass Washington den Code geknackt hat. In diesem Fall
- Hat er das vielleicht erfunden und lag zufälligerweise damit richtig. (Plausibel: Chalabi unternahm Berichten zufolge 1995 Schritte, um die Iraner auszutricksen.)
- Oder er dachte, er würde falsche Informationen verbreiten, sagte aber in Wirklichkeit die Wahrheit. (Unwahrscheinlich: zu weit her geholt.)
- Oder er gab wissentlich geheime Informationen weiter. (Unwahrscheinlich: Warum sollten die Amerikaner Chalabi, einem britischen Staatsbürger mit bekannten Kontakten zum iranischen Regime, ein Juwel der amerikanischen Staatsgeheimnisse überlassen?)
Wie immer sich das abspielte, die Auswirkung ist dieselbe: der Wirbel in Washington, nicht was Chalabi sagte oder nicht sagte, gab Teheran das Signal, dass die Amerikaner ihre Codes geknackt hatten.
Schließlich könnte jeder behaupten, die Codes seien geknackt, aber warum sollte ihm das geglaubt werden? Die Iraner würden sicher nicht Chalabis Behauptung allein glauben und sich die enorme Mühe machen und die Ausgaben tätigen, die Codes zu ändern, nur weil er das sagt. Sie würden versuchem, vom amerikanischen Geheimdienst eine Bestätigung zu bekommen; und das ist das, was die ungenannten Quellen taten, die die Story durchsickern ließen – sie lieferten den Beweis. Ihre Wut auf Chalabi wies die Iraner an, ihre Codes zu ändern.
Letztlich ist das, was Chalabi tat oder nicht tat, fast bedeutungslos; die Ironie ist, dass seine Kritiker in der amerikanischen Regierung die Verantwortung dafür tragen, dem iranischen Gegner eine äußerst wichtige Information geliefert wurde.
Die absolute Verantwortungslosigkeit im Außenministerium und in der CIA, die öffentlich das Knacken der Codes als Teil ihres Grabenkrieges mit dem Verteidigungsministerium und, weiter gefasst, ihrem Kampf mit den so genannten Neokonservativen bestätigten, könnten die Amerikaner teuer zu stehen kommen.
Bezüglich des letzen Punktes sollte man sich ansehen, wie ausgelassen Teile der amerikanischen Presse die Vorwürfe gegen Chalabi ausnutzten. Ein Beispiel von vielen brachte die Los Angeles Times" am 10. Juni mit A Tough Time for Neocons'" (Harte Zeiten für die Neokonservativen), in dem gesagt wird, die Neokonservativen befänden sich zum Teil deshalb unter Belagerung", weil der irakische Exil-Politiker Ahmed Chalabi in Untersuchungen des FBI verstrickt ist, da er Geheiminformationen an den Iran habe durchsickern lassen, was für die Neocons' eine starke Bedrohung ihrer Reputation darstellt."
Würde die Presse ihre Pflicht erfüllen, dann würde sie aufhören das Spiel um ihre Washingtoner Lieblinge zu spielen und den Schaden untersuchen, den Chalabis Gegner vermutlich angerichtet haben. Würden die Leitungen von Außenministerium und CIA ihre Arbeit tun, dann würden sie die Leute bestrafen, die der militant-islamischen Regierung im Iran ein höchst wichtiges Geheimnis übermittelt haben.