Interview von Scott Johnson mit Daniel Pipes
PowerLine: 1990 veröffentlichten Sie The Rushdie Affair und heute sehen wir die Bestätigung Ihrer Bewertung des Ernstes des Urteils durch den Mordversuch an Salman Rushdie. Können Sie das für uns im Rückblick kommentieren?
Daniel Pipes: Es überrascht mich, dass Rushdie bereits 1990 glaubte, er könne den Erlass hinter sich lassen, indem er das sagte, von dem er glaubte seine Peiniger wollten es hören. Sie durchschauten seine Lügen und gaben die Kampagne nie auf, bis eines Tages ein williger Henker auftauchte. Eine psychologische Erklärung ist wahrscheinlich für Rushdies willentlichen Selbstbetrug verantwortlich.
Salaman Rushdie und Die Satanischen Verse |
PowerLine: Es scheint einige Fragen zu geben, ob Ayatollah Khomeinis Rushdie und seine Verleger zum Tode verurteilende "Fatwa" tatsächlich eine Fatwa war. Können sie Aufklärung geben?
Daniel Pipes: Zusätzlich zu dem technischen Punkt, dass eine Fatwa als Antwort auf eine Frage erfolgen muss, was beim Todesurteil für Rushdie nicht der Fall war, unterscheidet der im Iran praktizierte Zwölfer-schiitische Islam zwischen zwei Arten religiöser Verkündigungen, einer fatwa und einer hukm. Eine Fatwa hält das ganze Leben des Mufti lang, der sie ausgibt, während ein hukm auch nach seinem Tod gültig bleibt. Sprecher des Iran betrachten die Strafe gegen Rushdie einhellig als hukm. Statt sich in den Formsachen des islamischen Rechts zu verstricken, bezeichne ich Khomeinis Verkündigung als Erlass.
PowerLine: Sie dokumentierten ständig die Launen der Reaktion Rushdies auf den Erlass und bemängelten gelegentlich, dass er ihn nicht ernst nahm. Welchen Punkt wollten Sie festhalten?
Daniel Pipes: Ich habe ihn immer wieder gewarnt, von 1990 bis 2007 sechsmal, er solle den Todeserlass ernstnehmen und sich nicht selbst vormachen zu glauben, er sei sicher, nur weil er noch nicht angegriffen worden ist. Er ignorierte mich nicht nur, sonder veranlasste seinen Freund, den Schriftsteller Christopher Hitchens, mich zu verspotten.
PowerLine: Was den Mordversuch betrifft, der auf amerikanischem Boden an einem Veranstaltungsort stattfand, wo Rushdie für freie Meinungsäußerung sprechen sollte, so empfinde ich diesen Vorfall eine demütigende Abscheulichkeit für die USA. Sehen Sie das auch so?
Daniel Pipes: Nicht wirklich. Rushdie entschied sich in den USA zu leben und er lehnte Personenschutz ab, als ihm dieser angeboten wurde, also sehe ich nicht, dass Amerikaner oder ihre Regierung sich schuldig oder gedemütigt fühlen sollten. Dieser Vorfall zeigt allerdings die Notwendigkeit auf sich viel stärker darum zu kümmern, wer ins Land einreist. Ich habe einen Test ausgearbeitet, um reguläre Muslime von Islamisten zu unterscheiden, der – das muss nicht erst gesagt werden – nicht eingesetzt wird.
PowerLine: Gleichzeitig will das iranische Regime ehemalige offizielle Vertreter Amerikas ermorden, darunter John Bolton und Mike Pompeo. Was halten Sie von der blassen Reaktion der Administration Biden auf die anhaltenden Bemühungen?
Daniel Pipes: Biden und seine Berater sind fest entschlossen einen neuen Atomdeal mit dem Iran zu erreichen und werden offenbar von so etwas Belanglosem wie Mordversuchen auf amerikanischem Boden nicht davon abgehalten.
PowerLine: Können Sie die anhaltenden Bemühungen der Administration Biden kommentieren, einen weiteren Atomdeal mit dem Regime des Iran abzuschließen?
Daniel Pipes: Wie Barack Obama vor ihm glaubt Joe Biden, nett zu sein, Zugeständnisse zu machen und Appeasement der Mullahs in Teheran sei der Weg besseres Verhalten ihrerseits zu fördern. Diese Herangehensweise hat doch bei Hitler, Breschnjew und Arafat so brillant funktioniert, warum es also nicht noch einmal versuchen?
Nachtrag vom 19. August 2022: Mehr Details dazu, dass Rushdie bereits 1990 glaubte, er würde den Erlass hinter sich lassen, finden Sie unter "Salman Rushdie war nie in Sicherheit".