Weit davon entfernt die Quelle von Antiamerikanismus in der Türkei zu sein, stellt die AKP einen idealen Partner für die Vereinigten Staaten in der Region dar." So bewertet es Joshua W. Walker, eine ehemaliger Beamter der Abteilung Türkei im Außenministerium, der heute an der Princeton University studiert; er bezieht sich auf die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (als AKP bekannt). Im The Washington Quarterly unterstützt er seine These damit, dass er die konstruktive Rolle der Türkei im Irak anführt und lobt, wie vorsichtig die AKP über die Allianz [mit den USA] wacht und versucht mit der Bush-Administration zusammenzuarbeiten, insbesondere im Vergleich zu anderen europäischen Staaten".
Nicht nur das, er heißt die Schwächung des säkularen Establishments der Türkei willkommen, das er gering schätzt, weil es Jahrzehnte lang damit Erfolg hatte den Säkularismus auf so enge Weise zu definieren, dass die außer Mode gekommenen und repressiven, antidemokratischen Merkmale des türkischen Staates gesichert werden".
Recep Tayyip Erdoğan (Mitte), damals Vorsitzender der türkischen AKP, trifft sich am 10. Dezember 2002 im Roosevelt-Raum des Weißen Hauses mit George W. Bush (rechts) und dem damaligen Außenminister Colin Powell. |
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Eine neue Wirklichkeit erfordert schmerzhafte Neubewertung und die Aufgabe der herzlichen Gefühle, die in einem fast 60-jährigen Bündnis aufgebaut wurden. Mutige Schritte müssen die Land zurück in den Schoß des Westens bringen, während der Schaden, den eine von Islamisten geführte Türkei den westlichen Interessen zufügen kann, abgeschwächt wird. Obwohl alle westlichen Regierungen derzeit Walkers leichtherzige Übereinstimmung und sogar Enthusiasmus für eine zunehmend feindselige Türkei teilen, darf ihren besänftigenden Worten und oberflächlichen Bewertungen nicht erlaubt werden die gefährlichen Entwicklungen zu verbergen, die jetzt auf den Weg gebracht sind.
Hilfreich liefert Walker Beweise dieser neuen Wirklichkeit. Erst einmal ist der Antiamerikanismus in den fünf Jahren AKP-Herrschaft üppig gediehen, so weit, dass die Türken bei Umfragen weltweit regelmäßig als die Bevölkerung festgestellt werden, die Amerika am feindseligsten gegenüber steht. Die Umfragen zeigen, dass 52 Prozent der Türken im Jahr 2000 die USA positiv betrachteten; 2007 tun das gerade einmal 9 Prozent. Die Regierung des Recep Tayyip Erdoğan und Abdullah Gül halfen zweifellos das zu nähren, was Walker ein langfristiges Abgleiten in einen Antiamerikanismus" nennt, der nicht einfach durch einen neuen US-Präsidenten im Januar 2009 ausgelöscht werden kann".
Ein katalytisches, heute symbolisches Ereignis war die Abstimmung im türkischen Parlament am 1. März 2003, amerikanischen Streitkräften nicht zu erlauben die Türkei als Aufmarschgebiet für den Angriff auf Saddam Husseins Regime im Irak zu nutzen. Diese Zurückweisung brachte gegenseitiges Misstrauen hervor und schloss Ankara aus der Entscheidungsfindung zum Irak aus – ein Ausschluss, der große Konsequenzen hatte, als die kurdische Regionalregierung die Macht im nördlichen Irak übernahm und einer antitürkischen Terrorgruppe, der Arbeiterpartei Kurdistans (bekannt als PKK) erlaubte irakisches Territorium zu nutzen, um Angriffe auf türkische Interessen zu führen. Das heizte die türkische öffentliche Meinung auf.
Ahmet Davutoğlu, Erdoğans Außenpolitikchef und Urheber der Doktrin der strategischen Tiefe". |
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Die Ironie daran ist, dass diese Probleme zu einem gewissen Ausmaß selbst verschuldet sind, hat doch die Bush-Administration in einer frühen Anwendung des Ermutigens der Wahl gesetzestreuer Islamisten an die Macht Ende 2002 Erdoğan geholfen seine damals wackelige rechtliche Lage zu stabilisieren. Das war, als der Präsident, in einem Bruch mit vorher gehendem Usus, den Türken – er damals nur Parteichef war, nicht Vertreter des Staates – im Weißen Haus traf. Nach Walkers Einschätzung sandte dies ein klares Signal der Unterstützung Erdoğans durch die Bush-Administration und die AKP-Regierung" aus.
Wie auch Japan hat die Türkei gezeigt, dass sie zu den geschmeidigsten Ländern gehört. In nur fünfzehn Jahren und fast ohne Hilfe schaffte es Atatürk das Land in Richtung Westen zu schieben; in nur fünf Jahren hat Erdoğan begonnen es nach Osten zu schieben. Die jüngste Veränderung ist so schnell vor sich gegangen, dass die Türkei – ungeachtet der formalen NATO-Beziehungen – nicht länger als Verbündeter des Westens betrachtet werden kann. Statt dessen fällt sie auf einen Mittel-Status – wie Russland, China und Saudi-Arabien – eines Rivalen. Einmal kooperiert sie, dann wieder ist sie Konkurrenz. Bald könnte sie auch drohen.
Einflüsse von außen werden begrenzten Einfluss auf eine Türkei haben, die entschlossen ist islamistisch zu werden, aber die bestehenden Mittel müssen voll eingesetzt werden. Am wichtigsten ist, dass einer ideologisch durchsetzungsfähigen Türkei die Mitgliedschaft in der Europäischen Union verweigert werden muss.