Darf ich, als amerikanischer Staatsbürger, der in den USA lebt von Israel getroffene Entscheidungen öffentlich kommentieren?
Yoram Schweitzer will, dass ich die Entscheidungen der israelischen Regierung nicht beurteile. |
Schweitzer spricht die hinter diesem Groll stehende Logik nicht aus, aber es klingt bekannt: Außer, so wird argumentiert, wenn jemand in Israel lebt, seine Steuern hier zahlt, sich selbst in den Straßen dem Risiko aussetzt und Kinder in den israelischen Streitkräften hat, sollte er israelische Entscheidungsfindungen nicht in Frage stellen. Diese Haltung steht, weit gefasst, hinter der Position, die vom American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) und anderen prominenten jüdischen Institutionen eingenommen wird.
Ich respektiere diese Haltung, ohne die Zurechtweisung zu akzeptieren. Auf das zu antworten, was Regierungen des Auslands tun, ist mein täglich Brot als amerikanischer außenpolitischer Analytiker, der einige Zeit im Außen- wie im Verteidigungsministerium zubrachte, als Vorstandsmitglied des U.S. Institute of Peace und als jemand, der als Kolumnist seit fast einem Jahrzehnt Meinungen geäußert hat. Ein kurzer bibliographischer Überblick zeigt auf, dass ich mein Urteil zu vielen Regierungen abgegeben habe, darunter zu denen Großbritanniens, Kanadas, Dänemarks, Frankreichs, Deutschlands, des Iran, Nepals, Saudi-Arabiens, Südkoreas, Syriens und der Türkei.
Offensichtlich habe ich keine Kinder, die in den Streitkräften all dieser Staaten dienen, aber ich werte ihre Entwicklungen aus, um meinen Lesern zu helfen ihr Denken zu lenken. Niemand aus diesen anderen Staaten, das sollte gesagt werden, forderte mich jemals auf meine Meinung zu ihren inneren Angelegenheiten zurückzuhalten. Und Schweitzer selbst bietet anderen Rat; im Juli 2005 wies er z.B. die muslimischen Leiter in Europa an in ihrer Zurückweisung des radikal-islamischen Elements kraftvoller" zu sein. Alle unabhängigen Analytiker tun das.
Dürfen also Schweitzer und ich Entwicklungen in der ganzen Welt kommentieren, aber wenn es um Israel geht, soll mein Hirn von Gedanken entleert sein, meine Zunge still stehen und meine Tastatur unberührt bleiben? Wohl kaum.
Auf einer tiefer gehenden Ebene protestiere ich gegen das gesamte Konzept der privilegierten Information – dass der Wohnort, das Alter, die Ethnie, der akademische Grad, die Erfahrung oder irgendein anderes Merkmal die eigenen Ansichten für gültig erklärt. Das kürzlich von Christopher Cerf und Victor S. Navasky herausgebrachte Buch I Wish I Hadn't Said that: The Experts Speak - and Get it Wrong! (Hätte ich das bloß nicht gesagt. Die Experten sprechen – und liegen falsch!) setzen diesem Dünkel ein humorvolles Denkmal. In einem Land zu leben macht einen nicht notwendigerweise weiser, was dieses Land angeht.
Ehud Barak, der höchst dekorierte Soldat der israelischen Geschichte, machte Fehler. |
Informationen, Ideen oder Analysen aufgrund von [fehlenden] Referenzen zurückzuweisen ist ein Fehler. Richtige und wichtige Gedanken können von überall kommen – selbst aus mehreren tausend Meilen Entfernung.
In diesem Geiste hier zwei Antworten zu Schweitzers Einstellung zum Samir Kuntar-Vorfall. Schweitzer argumentiert: Es zu versäumen das Äußerste zu tun, um einen Bürger oder Soldaten zu retten, der in Feindeshand fällt, würde eine der Grundregeln der israelischen Gesellschaft vernichten." Ich stimme zu, dass die Rettung von Soldaten oder ihren sterblichen Überresten eine operational nützliche und moralisch noble Priorität hat, aber das Äußerste" hat seine Grenzen. Beispielsweise sollte eine Regierung nicht im Tausch für die Leichen von Soldaten lebende Menschen an Terroristen übergeben. Was das angeht, ging das Handeln der Regierung Olmert letzte Woche viel zu weit.
Eine weitere Besonderheit ist Schweitzers Behauptung: In Relation gesetzt, hatte der letzte Austausch mit der Hisbollah einen geringen Preis. Es ist strittig, ob Kuntars Entlassung der Hisbollah irgendeine Art moralischen Sieg gewährte." Wenn dieser Handel billig war, dann bekomme ich bei der Vorstellung Angst, wie ein teurer aussehen würde. Und da Kuntars Ankunft im Libanon dafür sorgte, dass die Regierung für ausgelassene nationale Feierlichkeiten die Arbeit einstellte, dann gleicht die Leugnung eines Sieges der Hisbollah vorsätzlicher Blindheit.