Avigdor Lieberman wurde gestern Israels Außenminister. Er feierte seine Ernennung mit einer Jungfernrede, von der Berichte andeuten, dass sie ihre Zuhörer Grimassen schneidend, sich windend und entgeistert zurückließ. Die BBC z.B. informiert uns, dass seine Worte "seine Vorgängerin Tzipi Livni dazu veranlassten ihn zu unterbrechen und Diplomaten gequält die Position zu wechseln."
Avigdor Lieberman am Mittwoch, 1. April 2009. |
Die Weltordnung: Die Westfälische Ordnung der Staaten ist tot, ersetzt durch ein modernes System, zu dem Staaten gehören, Halb-Staaten und irrationale internationale Spieler (z.B. Al-Qaida, vielleicht der Iran).
Prioritäten der Welt: Diese müssen sich verändern. Die freie Welt muss sich darauf konzentrieren die Länder, Mächte und extremistischen Organisationen zu besiegen, "die versuchen ihr Gewalt anzutun". Die wirklichen Probleme kommen "aus Richtung von Pakistan, Afghanistan, dem Iran und dem Irak" – und nicht aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt.
Ägypten: Lieberman lobt Kairo als "stabilisierenden Faktor im regionalen System und vielleicht sogar darüber hinaus", macht die Regierung Mubarak aber darauf aufmerksam, dass er nur dorthin gehen wird, wenn sein Gegenpart nach Jerusalem kommt.
Das Wort Frieden aufsagen: "Lieberman schütte Spott über frühere israelische Regierungen aus: "Die Tatsache, dass wir das Wort 'Frieden' zwanzigmal am Tag sagen wird uns dem Frieden nicht näher bringen."
Die Last des Friedens: "Ich habe all die Vorschläge gesehen, die von Ehud Olmert so großzügig gemacht wurden, aber ich habe kein einziges Ergebnis gesehen." Jetzt haben sich die Dinge geändert: "Auch die andere Seite wird Verantwortung für Frieden tragen" und muss den Einsatz erhöhen.
Die Roadmap: Die überraschendste Nachricht der Rede ist Liebermans Konzentration auf und Befürwortung der Roadmap, einer diplomatischen Initiative aus dem Jahr 2003, gegen die er damals stimmte, aber die – wie er es ausdrückt – "das einzige vom Kabinett und vom Sicherheitsrat genehmigte Dokument" ist. Er nennt sie "eine bindende Resolution", die die neue Regierung umsetzen muss. Im Gegensatz dazu stellt er besonders heraus, dass die Regierung nicht vom Annapolis-Übereinkommen von 2007 gebunden ist ("weder das Kabinett noch die Knesset hat es jemals ratifiziert").
Umsetzung der Roadmap: Lieberman hat vor "exakt so zu handeln", wie es die Buchstaben der Roadmap vorgeben, einschließlich der Zusatzdokumente von Tenet und Zinni. Dann kommt eine seiner zwei zentralen Aussagen der Rede:
Ich werde dem niemals zustimmen, dass wir auf alle Klauseln verzichten. Ich glaube, es gibt davon 48 – und will direkt zur letzten Klausel gehen, den Verhandlungen über eine dauerhafte Regelung. Nein. Mit diesen Zugeständnissen erreicht man nichts. Wir werden ihnen Buchstabe für Buchstabe erfüllen, genau so, wie sie geschrieben stehen. Paragraph eins, zwei, drei, vier – Abbau der Terrororganisationen, Errichtung einer effektiven Regierung, eine tiefgreifende Verfassungs-Änderung in der palästinensischen Autonomiebehörde. Wir werden exakt entlang der Paragraphen vorgehen. Wir sind außerdem dazu verpflichtet umzusetzen, was von uns in jedem Paragraphen verlangt wird, aber das gilt auch für die andere Seite. Sie müssen das Dokument in vollem Umfang umsetzen.
Der Fehler Zugeständnisse zu machen: Er vermerkt die "dramatischen Schritte und weit reichenden Versprechungen", die die Regierungen Sharon und Olmert machten und schließt: "Aber ich sehe nicht, dass sie Frieden brachten. Im Gegenteil... Genau dann, als wir all diese Konzessionen machten", wurde Israel stärker isoliert, so bei der Durban-Konferenz 2001. Dann folgt seine andere zentrale Äußerung:
Wir verlieren dazu in der öffentlichen Meinung jeden Tag an Boden. Glaubt irgendjemand, dass Zugeständnisse und ständig zu sagen "Ich bin bereit zuzugestehen" und das Wort "Frieden" zu benutzen zu irgendetwas führen wird? Nein, das wird nur zu Druck einladen, und zu mehr und mehr Kriegen. "Si vis pacem, para bellum" – wenn du Frieden willst, bereite dich auf Krieg vor, sei stark.
Israelische Stärke: Liebermann schließt mit einem flammenden Aufruf zur Stärke: "Wann war Israel am stärksten, was die öffentliche Meinung weltweit angeht? Nach dem Sieg im Sechstage-Krieg, nicht nach all den Zugeständnissen bei den Oslo-Vereinbarungen I, II, III und IV."
Kommentare:
(1) Ich habe Vorbehalte zu Lieberman gehabt und habe sie noch, aber mit dieser Rede hat er einen großartigen Start hingelegt. Er hat, so kurz wie möglich ausgedrückt, verkündet: "Israel ist wieder da."
(2) Da der formelle Name der Roadmap "A Performance-Based Roadmap to a Permanent Two-State Solution to the Israeli-Palestinian Conflict" lautet (Eine auf Leistungen gründende Roadmap zu einer dauerhaften Zweistaaten-Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts", bekenne ich mich als verwirrt von den Nachrichten (wie der Schlagzeile in der Los Angeles Times: "Foreign minister says Israel not bound to follow two-state path"/Außenminister sagt, Israel sei nicht daran gebunden, dem Zweistaaten-Weg zu folgen), die erklären, dass Lieberman ein Ende der Zweistaaten-Lösung verkündete.
(3) Es liegt viel Ironie darin, dass Lieberman jetzt die Roadmap favorisiert, eine Initiative, die er und viele andere mit seinem Ansichten damals verurteilten. Wer eine maßgebende Diskussion zur Zeit ihrer Entstehung, ihrer Fehler und ihrer Folgen lesen möchte, sollte sich die Analyse von Daniel Mandel ansehen: "Four-Part Disharmony: The Quartet Maps Peace" (Vierteilige Disharmonie: Das Quartett kartiert den Frieden).