In dem gerade veröffentlichten Artikel "Fünf Jahre Campus Watch" beziehe ich mich auf die Tatsache, dass Professoren oft das ungewöhnliche Privileg genießen ihre Karrieren zu durchleben ohne sich Kritik ausgesetzt zu sehen. "Studenten unterdrücken ihre Ansichten, um ihre Karriere zu schützen; Angehöriger einer Peer-Group zögern sich gegenseitig zu kritisieren, um nicht im Gegenzug unter Angriffen zu leiden; und Laien fehlt die Kompetenz geheimnisumwobene Gelehrsamkeit zu beurteilen. Im Ergebnis haben die Akademiker sich lange eines einzigartigen Mangels an Verantwortlichkeit erfreut."
Dieser Kommentar gründet sich zum Teil auf die Gedanken meines Vaters, Richard Pipes, in seiner Autobiographie Vixi: Memoirs of a Non-Belonger (Vixi: Memoiren eines nicht Dazugehörigen), S. 91/92. Sie wurden davon herbei geführt, dass er im Dezember 1957 – vor beinahe genau einen halben Jahrhundert – eine Professur an der Harvard University erreichte.
Das akademische Leben besteht nicht nur aus Süßem und Licht. Wissenschaftler sind psychologisch unsicherer als die meisten Menschen: Im Großen und Ganzen kommen sie mir, haben sie erst einmal die Grenze des mittleren Alters überschritten, rastlos vor. Ein Geschäftsmann weiß, dass er erfolgreich ist, wenn er Geld verdient; ein Politiker, wenn er Wahlen gewinnt; ein Athlet, wenn er in einem Sportwettkampf Erster ist; ein populärer Schriftsteller, wenn er Bestseller produziert. Aber ein Wissenschaftler hat keine solchen fixen Kriterien, mit denen Erfolg gemessen wird; die Folge ist, dass er in einem Zustand permanenter Ungewissheit lebt, die mit zunehmendem Alter bedrückender wird, weil ambitionierte jüngere Wissenschaftler sich in den Vordergrund drängen und sein Werk als altmodisch abtun.
Sein Hauptkriterium für Erfolg ist die Zustimmung der Peergroup. Das bedeutet, dass er sie sich warm halten muss, was zu Konformität und "Gruppendenken" führt. Von Wissenschaftlern wird erwartet, dass sie sich einander zustimmend zitieren, an Konferenzen teilnehmen, zu kollektiven Sammlung von Beiträgen beitragen und sie bearbeiten. Berufsverbände sind so geschaffen, dass sie diese Zielsetzungen voran bringen. Wer nicht nach den Regeln spielt oder signifikant vom Konsens abweicht, riskiert seine Ächtung. Ein klassisches Beispiel für solche Ächtung ist die Behandlung, die einem der herausragenden Ökonomen und Sozialtheoretikern des vergangenen Jahrhunderts zuteil wurde: Frederick von Hayek, dessen kompromisslose Verurteilung von Planwirtschaft und Sozialismus dafür sorgte, dass er aus seinem Berufsfeld verbannt wurde. ER lebte lange genug, um zu erleben, dass seine Ansichten sich durchsetzten und seine Reputation durch einen Nobelpreis in Schutz genommen wurde, aber nicht jeder in dieser Lage hat so viel Glück. Solches, auch in Tiergesellschaften beobachtetes Verhalten stärkt den Zusammenhalt der Gruppe und verstärkt das Gefühl der Sicherheit seiner einzelnen Mitglieder, behindert aber die Kreativität.
Was mich an vielen Akademikern besonders ernüchterte, war die Art und Weise, wie sie mit Professuren nicht als heiligem Unterpfand umgingen, sondern als Pfründe, ganz ähnlich den mittelmäßigen protestantischen Pastoren des England des 18. oder 19. Jahrhunderts, die nicht einmal vorgaben zu glauben. Der typische Akademiker wird sich, nachdem er seine Dissertation hinter sich gebracht und sie veröffentlicht hat, als Autorität des Themas seiner Dissertation etablieren und den Rest seines Lebens zu diesem oder eng verwandten Themen schreiben und lehren. Der Berufsstand heißt diese Art von "Sachkenntnis" willkommen und ist verärgert über jeden, der versucht einen weiter gehenden Blick auf das Feld zu werfen, weil er damit auf das Gebiet von dessen Mitgliedern eindringt. Nicht monographische, allgemeine Geschichtsschreibungen werden als "populärwissenschaftlich" abgetan und sollten mit Fehlern übersät sein – und das doppelt, wenn nicht den Horden angemessene Erwähnung gewährt wird, die in den jeweiligen Feldern arbeiten.