Oberflächlich betrachtet sieht die plötzliche Entscheidung der Obama-Administration, einen Krach mit der Regierung Israels vom Zaun zu brechen, wie eine totale Katastrophe für den jüdischen Staat aus. Was könnte schlimmer sei, als dass der wichtigste Verbündete die (nach Angaben des israelischen Botschafters in Washington) schlimmste Krise seit 1975 auslöste?
Ein genaueres Hinsehen legt allerdings nahe, dass dieser überflüssige kleine Krach sich als besser für Jerusalem als für das Weiße Haus herausstellen könnte.
(1) Er betrifft kein Thema, bei dem es um Leben und Tod geht, wie die Bedrohung durch den nuklearen Aufbau des Iran oder Israels Recht sich gegen das räuberische Verhalten der Hamas zu wehren, sondern die Trivialität des Timings der Entscheidung neue Wohneinheiten in Israels Hauptstadt zu bauen. Weisere Köpfe werden darauf bestehen, dass die Amateure im Weißen Haus diesen Sturm im Wasserglas beenden und die normalen Beziehungen wieder aufnehmen.
(2) Wenn Obama et. al hoffen die Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu abschießen zu können, dann können sie die Sitze in der Knesset nicht zählen. Die Arbeitspartei herauszulösen, wird für deren Ersetzung durch weit rechte Parteien führen.
(3) Es gibt einen israelischen Konsens die Souveränität über Ostjerusalem zu behalten. Eine Krise zu dieser Frage zu provozieren, stärkt Netanyahu.
(4) Im Gegenzug lässt das theatralische US-Getue Mahmud Abbas von der palästinensischen Autonomiebehörde sich noch mehr sträuben sich Washingtons kontraproduktiven Verhandlungen anzuschließen.
(5) Eine vor kurzem durchgeführt Umfrage unter amerikanischen Wählern zeigt eine erstaunliche 8:1-Sympathie für Israel gegenüber den Palästinensern; einen Streit mit Israel vom Zaun zu brechen fügt also Obama politischen Schaden zu – genau das, was ein Präsident mit sinkenden Umfragewerten, der versucht ein Sechstel der Wirtschaft umzugestalten versucht, nicht brauchen kann.