Israelische Führungspolitiker haben eine lange Geschichte ungleichgewichtiger Handelsabschlüsse mit ihren arabischen Feinden. Dazu gehören:
1985 - 1.150 Häftlinge für 3 gefangene Israelis
2000 - 450 arabische Häftlinge für 3 israelische Leichen und einen entführten Israeli
2008 - 5 arabische Häftlinge (einschließlich des Psychopathen Samir al-Kuntar) und 199 arabische Leichen für 2 israelische Leichen
2011 - 1.027 palästinensische Häftlinge für Gilad Shalit
Ich bin entschieden gegen diese unausgewogenen Austausche (z.B. den mit Shalit), auch wenn ich die ehrenwerte israelische Absicht anerkenne, Soldaten nicht im Stich zu lassen.
Doch es gibt überhaupt nichts Erlösendes an dem Tausch, den Premierminister Benjamin Netanyahu heute vorschlug: 104 Mörder als Geste des guten Willens zu entlassen, um die Palästinensische Autonomie zu Verhandlungen zu ermutigen. Netanyahu rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass "Premierminister manchmal zu Entscheidungen gezwungen sind, die gegen die öffentliche Meinung gehen - wenn die Sache für das Land wichtig ist."
Das ist ein fadenscheiniges Argument. Weit überzeugender argumentiert der stellvertretende Verteidigungsminister Danny Danon: Diese Geste "ist ein Preis für die Palästinenser, nur für ihre Bereitschaft sich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen. Das bestimmt die zukünftigen Standards weitreichender Zugeständnisse durch Israel gegenüber lächerlichen Forderungen der anderen Seite." Danon nennt die Freilassung Dutzender Terroristen, die das Blut Hunderter Israelis an ihren Händen haben, zurecht "Wahnsinn".
Der Wahnsinn ist aber auch unmoralisch. Mit dem Tausch wird Verrat an den Familien der Opfer begangen und er ist Verrat an Israels Verbündeten. Er ist eine abstoßende Handlung.
Denjenigen, die Netanyahu auf der Grundlage verzeihen, dass er Druck von der US-Regierung verspürt, antworte ich: Das ist eine faule Ausrede, denn die Israelis können fehlgeleiteten amerikanischen Führungspolitikern Paroli bieten und haben das oft genug getan. Desweiteren scheint er ungenau, denn Netanyahu hat erst vor kurzem nahegelegt, dass er - fasziniert vom Ben-Gurion-Komplex - selbst von der Notwendigkeit eines Palästinenserstaats in der Westbank überzeugt worden ist.
Ein Trost ist, dass das israelische Gemeinwesen seine Ansichten geändert hat: Während es den Austausch von 2008 mit einer Rate von fast 2 zu 1 befürwortete, zeigen Umfragen eine Missbilligung der Entlassung der 104 von 9 zu 1.