Als er am 29. Juni vor dem Institut für nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv sprach, hielt Israels Premierminister Benjamin Netanyahu eine wichtige Rede, die der Diskussion wert ist. Die folgenden Auszüge stammen aus der offiziellen Übersetzung der Internetseite des Büros des Premierministers:
In unserer Region findet ein historischer Wandel statt, der wichtige Auswirkungen auf die Sicherheit Israels und die Sicherheit der gesamten Welt hat. Das Sykes-Picot-Abkommen, das vor fast einem Jahrhundert die Grenzen in unserer Region festlegte, hat sein Ende gefunden… Wir blicken jetzt auf viele vor uns liegende Jahre an Konflikt und Instabilität.
Benjamin Netanyahu bei seiner Rede vor dem INSS. |
Ich stimme zu, dass Sykes-Picot, die geheime Übereinkunft zwischen den britischen, französischen und russischen Regierungen von 1916, wahrscheinlich tot ist. Doch es ist eines für mich als Historiker und Analyst dies festzustellen, aber etwas ganz anderes, wenn ein Premierminister das tut. Es ist für den Chef einer Regierung, der genug zu tun hat, wahrscheinlich nicht weise, solche öffentliche Spekulationen zu betreiben. Sie können ihm mehr schaden als nutzen.
Die den Nahen Osten teilende Landkarte, die das Sykes-Picot-Abkommen von 1916 begleitete. |
Langfristig, in Jahrzehnten, einem halben Jahrhundert, gewiss in einem Jahrhundert wird der radikale Islam nachlassen… denn er gestattet keine individuelle Freiheit und Unternehmertum, die die Grundlage wirtschaftlicher Entwicklung gewesen sind, jedenfalls in den letzen Jahrhunderten. Er wird abnehmen, weil er von der informationstechnologischen Revolution besiegt werden wird, die es diesen Regimen und Bewegungen sehr schwer machen wird langfristig die Kontrolle über die Köpfe der jungen Menschen zu behalten.
Wieder stimme ich mit der Prognose überein, doch ich bezweifle, dass ein politischer Anführer solche Prognosen stellen sollte. Wirtschaftliche Entwicklung und die Informationsrevolution sind beide sehr wichtig, das stimmt; aber (1) haben einige Islamisten darin Erfolg (denken Sie an Fethullah Gülen) und (2) geht das Versagen des Islamismus viel tiefer und ist weit furchtbarer als diese beiden Punkte. Was ist mit seiner Brutalität, seiner Grausamkeit in der Familie, seinem unzumutbaren Strafgesetz und seinen imperialistischen Aggressionen?
Ähnliches hätte auch während der 1930-er Jahre in Bezug auf das Schicksal des Nationalsozialismus in seinem Kampf gegen die freie Welt gesagt werden können. Der Nationalsozialismus wurde in der Tat besiegt. Allerdings starben 60 Millionen Menschen, darunter ein Drittel unseres Volkes, bevor die Kräfte der Freiheit und des Fortschritts ihn besiegten. Für so wahrscheinlich ich den letztlichen Verfall des islamischen Fanatismus halte, so sehr müssen wir uns aber auch auf die vier großen Herausforderungen vorbereiten, die er darstellt.
Gut gesagt. Diese vier Herausforderungen sind:
1. Israels Grenzen zu schützen; besonders "einen Sicherheitszaun im Osten zu bauen, ihn schrittweise von Eilat aus aufzubauen, bis er auf den Zaun trifft, den wir bereits in den letzten zwei Jahren auf den Golanhöhen gebaut haben." Zäune haben überall - entlang der Grenzen mit Ägypten, dem Gazastreifen, dem Libanon, Syrien und der Westbank - ihren Wert erwiesen, also folgt dem logischerweise, dass auch in einen entlang der Grenze zu Jordanien investiert wird.
Ein Teil des Zauns Israels entlang der Grenze zu Ägypten. |
2. Den Bereich westlich der Sicherheitslinie am Jordan zu stabilisieren: "In diesem Bereich der Westbank kann keine andere Truppe Israels Sicherheit garantieren außer der IDF und unseren Sicherheitsdiensten." Das bedeutet: "In jeder zukünftigen Regelung mit den Palästinensern wird Israel langfristig die Sicherheitskontrolle über das Territorium entlang des Jordan behalten müssen." Während er weiterhin an der Zweistaatenlösung festhält, ändert er sie hier stark ab, indem er einem zukünftigen Palästinenserstaat die Kontrolle über seine eigenen Grenzen verwehrt. Ohne Zweifel haben die Israelis recht, wenn sie der Palästinenserführung nicht mehr vertrauen.
3. Eine Achse regionaler Kooperation aufzubauen. Die derzeitigen Kämpfe eröffnen eine Gelegenheit für "verstärkte regionale Kooperation" wie die Stärkung Jordaniens und die Unterstützung kurdischer Ansprüche auf Unabhängigkeit. Es ist smart von Netanyahu, öffentlich diese beiden Akteure in der Hoffnung zu bestätigen, dass sie sich öffentlich Israel zuwenden.
4. Um zu verhindern, dass der Iran ein Staat an der Schwelle zur Atommacht wird. Wie in den vergangenen Jahren bleibt dies Israels vorrangiges Sicherheitsanliegen.
Kommetare:
(1) Bereits ab 1999 habe ich Netanyahu oft kritisiert, aber die ausgezeichnete Analyse in dieser Rede deutet eine feste Hand am Steuer an.
(2) Um so wichtiger ist es einen amerikanischen Verbündeten zu haben, der die Sicherheitsbedenken versteht, wenn die Obama-Administration ahnungslos ist.
(2. Juli 2014)