Amerika ausspionierende Israelis sind mal wieder in den Nachrichten: Führende Persönlichkeiten des jüdischen Staates erbaten die Freilassung von Jonathan Pollard und die Associated Press berichtete mit Besorgnis, dass Beamte des nationalen Sicherheitsapparats der USA Israel "als echte Gefahr für die Spionageabwehr" betrachten. Der atemlos empörte Tonus legt nahe: Was erlauben die sich?! Wer glauben die, wer sie sind?
Antonio Prohias zeichnete die wortlose Karikatur "Spy vs. Spy" (Spion gegen Spion), ein Phänomen des Kalten Krieges in der Zeit von 1961 bis 1987. |
Doch Alliierte auszuspionieren ist die Norm und es ist keine Einbahnstraße. Bevor sie sich allzu sehr aus der Ruhe bringen lassen, sollten die Amerikaner erkennen, dass Washington nicht unschuldig ist. Von Reagan bis Obama hat die US-Regierung massiv Spionage gegen Israel betrieben. Beispiele:
Itamar Rabinovich, Israels Botschafter in Washington, der US-Abhöraktivitäten offen legte. |
- Yosef Amit, ein ehemaliger Major des israelischen Militärgeheimdienstes, spionierte mehrere Jahre lang für die CIA; er konzentrierte sich auf Truppenbewegungen und die Politik gegenüber dem Libanon und den Palästinensern. 1986 wurde er verhaftet.
- Itamar Rabinovich, 1993-1996 Israels Botschafter in Washington, verriet, dass die US-Regierung während seiner Amtszeit den israelischen Verschlüsselungscode entschlüsselte: "Die Amerikaner hörten mit Sicherheit die normalen Telefonleitungen [der Botschaft]" und selbst die sicheren Leitung ab. Als Ergebnis, sagt er, war "jedes 'pikante' Telegramm in Gefahr durchzusickern. Wir schickten sehr wenige. Manchmal kam ich nach Israel, um Berichte mündlich abzuliefern."
- Ein mysteriöses U-Boot in den territorialen Gewässern Israels, 18 km vor Haifa, floh im November 2004, als es entdeckt wurde; es stellte sich heraus, dass es ein amerikanisches war, was Erinnerungen an die verdeckte Mission der USS Liberty im Juni 1967 wach rief.
- Yossi Melman, ein auf Geheimdiensttätigkeiten spezialisierter israelischer Journalist, fand heraus, dass die US-Militärattachés in Tel Aviv Geheiminformationen sammelten; er legt offen, dass die US-Geheimdienste Unterhaltungen von Schlüsselmitarbeitern in Israel und an Botschaften im Ausland abhören. Spionage der USA, schlussfolgert er, hat "Israels größte politische Geheimnisse" enthüllt.
- Eine 2008 veröffentlichte offizielle Geschichte der israelischen Geheimdienste stellte (wie von Reuters berichtet wurde) fest, dass US-Spionagedienste von der Botschaft in Tel Aviv aus elektronische Abhörung betreiben und Botschaftspersonal für "methodische Sammlung geheimer Informationen" ausbilden.
- Barak Ben-Zur, Shin-Bet-Geheimdienstler im Ruhestand, schrieb in demselben Band: "Die Vereinigten Staaten sind hinter Israels nicht konventionellen Fähigkeiten und was in den Rängen der Entscheidungsträger vorgeht her gewesen."
- Ein 5000 Worte langes, geheimes Memorandum mit Datum 31. Oktober 2008 (von WikiLeaks veröffentlicht), das mit dem Namen von Außenministerin Condoleezza Rice verschickt wurde, katalogisiert Themen, zu dem das Ministerium Informationen haben will. Zu der sehr langen Liste gehören Geheiminformationen zu "Israels Entscheidungsfindungs-Prozess zum Beginn von militärischen Operationen und der Festlegung von Vergeltungsschlägen für Terroranschläge"; Beweise dafür, dass die Regierung Israels in "Siedlungs- und Außenpostenwachstum" in der Westbank involviert ist; Details zu Operationen der Israel Defense Forces gegen die Hamas, "einschließlich gezielter Tötungen und Taktiken/Techniken, die von Boden- und Flugeinheiten werden"; und alles zu Informationstechnologien, die von "Regierungs- und Militärbehörden, Geheimdiensten und Sicherheitsdiensten" genutzt werden.
- Die National Security Agency beschäftigt in ihrem Hauptsitz in Fort Meade (Maryland) eine große Anzahl Hebräisch Sprechender, die dort abgefangene israelische Kommunikation abhören. Juristische Probleme eines dieser Mitarbeiter, Shamai K. Leibowitz, weil er Informationen durchsickern ließ, offenbarte, dass er hebräische Gespräche in der israelischen Botschaft in Washington ins Englische übersetzte, womit Rabinovichs Enthüllungen säuberlich bestätigt wurden.
Condoleezza Rice leitete während ihrer Amtszeit als Außenministerin (2005-2009) ausgedehnte Spionageaktivitäten gegen Israel. |
Beobachter haben die offensichtlichen Schlüsse gezogen: Der zweifache Permierminiter Yitzhak Rabin kommentierte, um Caroline Glicks Formulierung zu gebrauchen: "Alle paar Jahre entdeckt Israel einen weiteren US-Agenten, der gegen den Staat spioniert." Ein israelischer Agent der Spionageabwehr vermerkte, dass Amerikaner "ständig versuchen uns auszuspionieren - auf jede ihnen mögliche Weise". Matthew M. Aid, der amerikanische Autor von Intel Wars (2012) stellt fest, dass Washington "Israel auszuspionieren begann, noch bevor der Staat 1948 formell gegründet wurde und Israel hat uns auch immer ausspioniert".
Shamai K. Leibowitz, der US-Spionageinformationen an Israel durchsickern ließ. |
Wie Aid andeutet, läuft die Spionage von beiden Seiten. Darüber hinaus ist sie Routine, bekannt und implizit von beiden Seiten akzeptiert. Sie ist auch nicht furchtbar Besorgnis erregend, denn diese Verbündeten haben viel gemeinsam, von moralischen Werten bis zu ideologischen Feinden; und oft arbeiten sie gemeinsam. Daher hat das gegenseitige Ausspionieren wenige größere Folgen.
Warum aber dann überhaupt spionieren? Warum nicht Israel in die anglophone "Fünf-Augen"-Gruppe einladen, die verspricht einander nicht auszuspionieren? Weil sich Israel im Krieg befindet. Ben-Zur vom Shin Bet formuliert es so: "Unterm Strich wollen die USA nicht überrascht werden. Nicht einmal von uns." Genauso wenig wollen die Israelis überrascht werden. Nicht einmal durch die Amerikaner.
Daher sollten wir uns wie Erwachsene benehmen und uns beruhigen. Staaten spionieren, selbst bei Verbündeten. Das ist in Ordnung.