Wohin können, da europäische Regierungen die Tore für illegale Immigranten aus dem Nahen Osten schließen, Syrer und andere sich nicht weit weg von ihren Heimatländern wenden, um Sicherheit und Arbeit zu finden? Die Antwort ist offensichtlich, wird aber überraschenderweise missachtet: nach Saudi-Arabien und die anderen reichen arabischen Scheichtümer.
Die mehr als eine Million Migranten, die im letzten Jahr mit Booten, Zügen, Bussen und zu Fuß nach Nordeuropa kamen, überwältigten die Ressourcen und den guten Willen des Kontinents. Diese große Anzahl wurde durch Kriminalität und Krankheiten, einen Widerwillen gegen Assimilation, den Drang islamisches Recht durchzusetzen und Skandale wie die Kölner Taharrush (massenhafte sexuelle Übergriffe) sowie die Anschläge in Paris und Brüssel verschlimmert.
In Reaktion darauf erstarkten populistische und faschistische Parteien (wie Front National in Frankreich und Jobbik in Ungarn). Die Stimmung in Europa hat sich derart stark verändert - wie die Wahlen in Deutschland im März zeigen - dass wahrscheinlich nur eine enorm geringere Zahl an Illegalen hereinkommen kann, egal welche neuen Routen sie - wie über Italien - ausprobieren werden.
Das lässt eine riesige Anzahl angehender Migranten mit dem Wunsch nach Europa zu kommen zurück. Der EU-Kommissar Johannes Hahn zählt "20 Millionen Flüchtlinge, die vor Europas Tür warten ... 10 bis 12 Millionen in Syrien, 5 Millionen Palästinenser, 2 Millionen Ukrainer und rund eine Million aus dem Südkaukasus." Stimmt, aber das ist nur der Anfang; ich füge eine riesige Anzahl Libyer, Ägypter, Jemeniten, Iraker, Iraner, Afghanen und Pakistanis hinzu - und nicht nur politische Flüchtlinge, sondern auch Wirtschaftsmigranten. Insgesamt könnte die Zahl muslimischer Völker, die bereit sind zu emigrieren, möglicherweise der Zahl der 510 Millionen Einwohner der EU entsprechen.
Willkommen in Saudi-Arabien - Illustration von Greg Groesch/The Washington Times. |
Wohin sollen sie sonst gehen? Es gibt eine nahe liegende, wünschenswerte Alternative zu Europa; tatsächlich ist es ein Ziel, das so attraktiv ist, dass Ausländer bereits die Hälfte der Bevölkerung stellen: Es wären die sechs Staaten des Golf-Kooperationsrats - Bahrain, Kuwait, Oman, Qatar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Lassen Sie uns auf das größte davon konzentrieren, was Landmasse, Bevölkerungszahl und Wirtschaft angeht: das Königreich Saudi-Arabien (KSA).
Das KSA ist für sunnitische Muslime auf viele Weisen einzigartig attraktiv. Vor allem hat es 100.000 hochwertige, leere Fiberglas-Zelte, in denen in Mina, direkt östlich von Mekka, rund 3 Millionen Menschen untergebracht werden können. Feuerfest und klimatisiert, komplett mit Toiletten und Küchen, ist diese einzigartige Ressource lediglich fünf Tage im Jahr von Haddschpilgern belegt.
Einige der 100.000 Fiberglas-Zelte in Mina (Saudi-Arabien) |
Vergleicht man das KSA mit den Staaten Nordeuropas, so zeigen sich viele weitere Vorteile:
- Geografie: Es liegt viel näher.
- Klima: heiß
- Sprache: Arabisch
- Wirtschaft: ein unstillbarer Bedarf an Arbeitskräften
- Rechtssystem: beruhigend bekannt
- Religion: Islam, Islam, Islam
Kulturell finden viele Sunniten die Einschränkungen der Saudis angenehmer als das westlich-säkulare Umfeld. Im KSA können Muslime eine Gesellschaft bejubeln, die Polygamie, Kinderehen, das Schlagen von Ehefrauen, weibliche Genitalverstümmelung und Enthauptungen gestattet, während es nur geringe Strafen für Sklavenhaltung und Ehrenmorde gibt.
Die Saudis erlauben es Muslimen mühelos solche haram (verbotenen) Dinge wie Haushunde, Schweinefleisch und Alkohol zu meiden, ebenso Zinsen auf Kredite, Lotterien und Kasinos, den Valentinstag, Frauen in freizügiger Kleidung, Partnersuche und Herrenclubs, Schwulenbars und Schwulenehe, die Drogen-Subkultur und die öffentliche Äußerung antisemitischer Ansichten.
Keine Gefahr, dass man in Saudi-Arabien in eine Gay Pride-Parade wie diese gerät. |
Der Länder des Persischen Golfs sind dafür gescholten worden, dass sie "nicht einen einzigen" syrischen Flüchtling aufgenommen haben. Die saudischen Behörden behaupten jedoch, sie hätten 2½ Millionen Syrer aufgenommen. Wie lässt sich die Diskrepanz erklären?
Zum Teil lügen die Saudis. Doch genauso zum Teil haben der GCC und andere Arabisch sprechenden Länder wie der Irak, Jordanien, der Libanon und Syrien nie die Flüchtlingskonvention von 1951 unterschrieben (weil sie die Anwendung des Konventions-Ziels zur Ansiedlung für die Palästinenser ablehnen). Entsprechend meiden sie den Begriff Flüchtling mit seiner Implikation der Dauerhaftigkeit und verweisen stattdessen auf Gäste, die nur vorübergehend bleiben, bis sie nach Hause zurückkehren.
Wie viele Syrer sind nach Saudi-Arabien hereingelassen worden? Eine Studie von Lori Plotkin Boghard vom Washington Institute for Near Eastern Policy schätzt, dass ihre Zahl im "niedrigen Hunderttausenderbereich" liegt, sagen wir 150.000. Das ist ein Bruchteil der mehr als vier Millionen in der Türkei, dem Libanon und Jordanien - und nur 5 Prozent der Migranten, die in Minas prächtigen Zelten untergebracht werden könnten.
Dass reiche arabische Staaten derart jämmerlich darin sind ihre Arme für sunnitische Muslime in Not zu öffnen, offenbart Strömungen von Selbstsucht und Heuchelei. Ihre nicht vorhandene Hilfsbereitschaft sollte nicht belohnt werden; es ist höchste Zeit, dass Regierungen und Flüchtlingsorganisationen aufhören sich auf Europa zu konzentrieren und sich stattdessen denjenigen arabischen Staaten zuwenden, die in der Lage sind mit relativer Leichtigkeit ihre verzweifelten Brüder aufzunehmen, unterzubringen und ihnen Arbeit zu geben.
Daniel Pipes (www.DanielPipes.org) ist Präsident des Middle East Forum. © 2016 by Daniel Pipes. Alle Rechte vorbehalten.