Dieser Aufsatz erschien in Verbindung mit einer Konferenz des Middle East Forum, "Qatar: U.S. Ally or Global Menace?", die am 6. Februar 2019 in Washington stattfand. Um die Videos davon zu sehn, klicken Sie bitte hier.
Bereits Mitte der 1990-er Jahre ging ein unter Außenpolitikern ein scherzhaftes Rätsel um: Wie heißen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die beiden Großmächte? Antwort: Die Vereinigten Staaten und Qatar. Mit anderen Worten: Die übergroßen Ambitionen eines Landes mit einer einheimischen Bevölkerung von damals etwa 150.000 sind schon lange offensichtlich.
Paul Gauguin: Quand te marie-tu? |
Heutzutage ist der Einfluss Qatars kein Rätsel mehr. Er ist vom Claridge'sHotel bis Paul Gauguins "Quand te maries-tu?", von Al-Jazira bis zur Fußball-WM 2022, von Hacking-Bemühungen bis zu Bestechungsskandalen zu fühlen. Die Regierung hat ihre außenpolitischen Beziehungen auffallend ausbalanciert, was der gigantische Al-Udeid-Militärflugplatz symbolisiert, der hauptsächlich von amerikanischen Streitkräften im Vergleich zum Vereinten Streitkräftekommando von Qatar und der Türkei genutzt wird.
Diese bemerkenswerte Bilanz wird zum Teil vom einzigartigen Reichtum ermöglicht, der über die winzige Bevölkerung des Lands (die derzeit etwas mehr als 300.000 oder rund ein Prozent der Bevölkerung von Shanghai) ausgeschüttet wird. Das gewaltige Gasfeld North Dome verschafft den Untertanen des Landes (anders als den viele zahlreicheren Ausländern) ein Pro-Kopf-Einkommen von rund US$ 500.000 oder etwa fünfmal mehr als im zweitreichsten Land, Luxemburg.
Qatars übergroße Rolle spiegelt sich auch in der Natur des Landes und seiner Führung. Wie in Saudi-Arabien dominiert in Qatar die extremistische Ideologie des Wahhabismus, der seiner Bevölkerung ein Zielbewusstsein und Ehrgeiz verleiht, die in keinem Verhältnis zu seiner Größe stehen. Seine letzte Führung, der Oberemir Hamad (regierte 1995 – 2013) und jetzt sein Sohn Tamim (seit 2013) sowie ihre Verwandten und Berater hängen einem vergänglichen Prunk an, der vom Namen HAMAD nett symbolisiert wird, der sich (in lateinischen Buchstaben geschrieben) über einen Kilometer hoch und drei Kilometer lang erstreckte, von Emir Hamad 2010 kurzzeitig und auf unerklärliche Weise in den Sandboden einer Insel geätzt; zwei Jahre später wurde er dann nicht weniger mysteriös wieder beseitigt.
Der Schriftzug HAMAD im Sand in seiner ganzen Pracht |
Qatars Einflussbereich ist vielleicht am offensichtlichsten in seiner berichteten Unterstützung für jihadistische Gruppen an so unterschiedlichen Orten wie dem Irak (Al-Qaida), Syrien (Ahrar al-Sham, Jabhat al-Nusra), dem Gazastreifen (Hamas) und Libyen (Benghazi Defense Brigades). Zusätzlich unterstützt Qatar prominente islamistische Netzwerke in der ganzen Welt – einschließlich der Muslimbruderschaft in Ägypten, der AKP in der Türkei und Jamaat-e-Islami in Bangladesch.
In Doha bietet die Regierung den Taliban Büroraum. Islamistische Koryphäen wie die der spirituelle Leiter der Muslimbruderschaft Yusuf al-Qaradawi und Hamas-Oberhaupt Khaled Meschaal haben seit Jahrzehnten ihre Heime in Doha.
Im Westen übt Qatar seine Macht behutsamer aus und si gedeiht unangefochten. Zum einen finanziert es Moschen und andere islamische Institutionen, die ihre Dankbarkeit dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie vor den Botschaften Saudi-Arabiens in London und Washington protestieren.
Aber Doha verlässt sich nicht nur auf die islamistische Diaspora im Westen, um seine Agenda voranzutreiben; es arbeitet auch daran westliche politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit direkt zu beeinflussen.
Das enorme Fernsehnetzwerk Al-Jazira ist zu einem der größten und bekanntesten Sender geworden. Seine englischsprachigen Stationen produzieren gekonnte Propaganda gegen Qatars Feinde, verkleidet in westlich-liberaler Rhetorik. Al-Jaziras jüngstes Projekt – sein sozialer Medienkanal AJ+ – zielt auf junge, progressive Amerikaner. Seine Dokumentationen der Sünden Israels, Saudi-Arabiens und der Administration Trump werden zwischen enthusiastische Berichte über Kampagnen für Transgender-Rechte und emotionale Appelle für die Notlage von Asylsuchenden an Amerikas Südgrenze gepresst – scheinbar unpassende Themen für einen von einem Wahhabisten-Regime kontrollierten Sender.
Doha versucht zudem westliche Bildungsinstitutionen zu beeinflussen. Tatsächlich ist Qatar heute der größte Auslandsspender für amerikanische Universitäten. Seine Gelder bezahlen Arabisch-Unterricht und Unterricht in mittelalterlicher Kultur; deren ideologische Neigung ist manchmal schamlos offen, wie im Lehrplan in amerikanischen Schulen mit dem Titel "Express Your Loyalty to Qatar" (Bekunde deine Loyalität für Qatar).
Ist es jetzt, da die Regierungen von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und andere arabische Regierungen gegenüber der von Qatar dargestellten Gefahr aufgewacht sind, nicht an der Zeit, dass Westler das auch tun? Die Konferenz des Middle East Forum von 6. Februar möchte Licht auf einen der kleinsten, reichsten und mächtigsten sowie unheimlichsten Staaten zu werfen, indem sich auf zwei Fragen konzentriert wird: Was tut die Regierung von Qatar? Was ist ihr Ziel?