Es ist wahrscheinlich, dass gestern mehr Amerikaner durch Gewaltakte starben, als an jedem anderen einzelnen Tag in der amerikanischen Geschichte.
Zwei Seiten sind für diese Reihe von Gräueltaten verantwortlich. Die moralische Verantwortung trifft ausschließlich die Täter, die jetzt, wo dies geschrieben wird, noch unbekannt sind.
Die taktische Verantwortung trifft die US-Regierung, die in ihrer allerwichtigsten Pflicht, dem Schutz der amerikanischen Staatsbürger vor Schaden, versagt hat. Terror-Experten ist die Vernachlässigung dieser Pflicht seit Jahren bewusst gewesen; jetzt weiß die ganze Welt darüber Bescheid. Trotz einer beständigen Schlagfolge größerer, organisierter Terror-Vorfälle über einen Zeitraum von 18 Jahren (seit der Autobombe vor der US-Botschaft in Beirut 1983) hat Washington das Thema nicht ernst genommen.
Hier sind einige der Fehler:
Terrorismus als Kriminalverbrechen anzusehen: Amerikanische Offizielle ständig die Meinung vertreten, dass Terrorismus eine Form krimineller Aktivität ist. Daher haben sie es zu ihrem Ziel gemacht, die Täter zu verhaften und abzuurteilen, die Gewalttaten verübten. So weit ist das alles schön und gut, aber es geht nicht weit genug. Diese legalistische Sichtweise erlaubt es den Financiers, Planern, Organisatoren und Kommandeuren des Terrors ihr Werk ungehindert fortzusetzen, bereit zur Verübung weiterer Anschläge. Die bessere Herangehensweise wäre es, den Terrorismus als eine Art der Kriegsführung zu betrachten und nicht nur hinter dem Fußvolk her zu sein, die die Gewalt ausüben, sondern die Organisationen und Regierungen zu verfolgen, die dahinter stehen.
Man verlässt sich zu sehr auf elektronische Aufklärung. Es ist viel einfacher ein überdimensionales Ohr am Himmel zu platzieren als Agenten in den inneren Kreis einer Terrorgruppe, also haben die CIA und andere Aufklärungs-Agenturen ihre Kopfhörer aufgesetzt und gelauscht. Es ist klar, dass das nicht reicht. Die Planung der Ereignisse, die gestern statt fanden, benötigen viel Vorbereitung über einen langen Zeitraum und schließt viele Leute ein. Dass die US-Regierung keine Hinweise hatte, deutet auf fast kriminelle Ignoranz hin. Kritiker wie Reuel Gerecht immer wieder betonen, müssen die amerikanischen Geheimdienste Fremdsprachen lernen, kulturelles Kenntnisse erwerben und sich mit den richtigen Leuten anfreunden.
Die Hasst-Amerika-Mentalität wird nicht verstanden. Gebäude wie das World Trade Center und das Pentagon sind in der Welt sehr starke Symbole der amerikanischen wirtschaftlichen und militärischen Präsenz. Das Trade Center wurde schon einem angegriffen, bei einem Bombenanschlag Anfang 1993. Es hätte klar sein müssen, dass diese Gebäude die Hauptziele sein würden und die Behörden hätten sie mit besonderem Schutz versehen müssen.
Die terroristische Infrastruktur in diesem Land wird ignoriert. Viele Hinweise deuten auf die Entwicklung eines großen islamistischen Terror-Netzwerks innerhalb der USA hin, das für jeden sichtbar ist, der sich darum bemühte es zu sehen. Bereits Anfang 1997 sagte Steven Emerson im Middle East Quarterly, dass die Bedrohung durch den Terrorismus heute größer ist als vor der Bombe im World Trade Center [1993], da die Zahl dieser Gruppen und ihrer Mitglieder wächst. Ich würde sogar sagen, dass jetzt die Infrastruktur besteht, in den USA zwanzig simultane Bombenanschläge wie den auf das World Trade Center gleichzeitig auszuführen."
Die Information war da, aber Polizei und Politiker wollten sie nicht sehen. Die Zeit ist gekommen, dass man hart gegen die vorgeht, die mit dieser Terror-Infrastruktur verbunden sind.
Wenn aus den gestrigen Toten und dem Trauma etwas Gutes entstehen soll, wird es die Auslösung eines dringenden und dramatischen Kurswechsels der US-Politik sein, einer, der die Bedrohung der Vereinigten Staaten als eine militärische betrachtet, der sich auf Aufklärung durch Agenten verlässt, der die terroristische Mentalität begreift und der das Netzwerk des Terrors im Inland still legt.
Eine leichte Vermutung durchzog gestern die Radiowellen: dass der Schrecken des Morgens den Effekt haben würde, die Amerikaner gegenüber der Bedrohung in ihrer Mitte aufwachen zu lassen. Ich bin weniger optimistisch, denn ich erinnere mich an ähnliche Vermutungen vor acht Jahren in der Folge der 1993-er Bombe im World Trade Center. Aber es stellt sich nicht als der Weckruf heraus, der damals erwartet wurde. Vielleicht, weil da nur sechs Menschen starben, vielleicht, weil der Anschlag nicht von weiteren Vorfällen begleitet war oder ihm solche folgten, verschwand die Episode in einer Gedächtnislücke. Wir sind es den vielen Opfern von gestern schuldig, nicht wieder im Schlaf zu versinken.
Wir sind es auch uns selbst schuldig, denn ich habe den Verdacht, dass die gestrigen Vorfälle nur ein Vorgeschmack dessen sind, was die Zukunft bringen wird. Angenommen, die Angriffe in New York und der Umgebung von Washington waren nur das, was sie zu sein scheinen, dann töteten und verletzten sie nur diejenigen, die in den angegriffenen Gebäuden und ihrer unmittelbaren Umgebung waren. Zukünftige Anschläge werden vermutlich biologisch sein und Keime verbreiten, die potenziell das ganze Land bedrohen. Wenn dieser Tag kommt, wird dieses Land wirklich wissen, welche Verwüstung der Terrorismus verursachen kann. Jetzt ist die Zeit, sich auf diese Gefahr vorzubereiten und sicher zu stellen, dass sie sich nie verwirklicht.