Es war verständlich, aber bedauerlich, dass die israelische Regierung am Donnerstag den Besuch von zwei der feindseligsten Kritiker im Kongress untersagte, Ilhan Omar (Demokratin, Minnsota) und Rashida Tlaib (Demokratin, Michigan). Am Freitag wurde der Grund, dass das keine gute Idee war, noch offensichtlicher.
Die Entscheidung Omar und Tlaib abzublocken war verständlich, weil Premierminister Benjamin Netanyahu es sich nicht leisten kann den emotionalen und unberechenbaren US-Präsidenten zu reizen. Letzten Monat sagte der israelische Botschafter in den USA, Ron Dermer, sein Land würde dem Duo den Besuch gestatten, die 2018 die ersten in den Kongress gewählten muslimischen Frauen waren und leidenschaftliche Unterstützer der Bewegung Boykott, De-Investitionen und Sanktionen (BDS) gegen Israel sind. Aber nachdem Präsident Trump am Donnerstagmorgen die israelische Entscheidung kritisierte – er sagte, sie zeige "große Schwäche" – fügte sich Netanyahu Trump und sagte den Besuch ab.
Von links: Präsident Trump sagte Israels Entscheidung die Abgeordneten Ihan Omar und Rashida Tlaib zeige "große Schwäche", was den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu in eine Zwickmühle brachte. |
Nach einer Flut an Kritik aus dem gesamten politischen Spektrum machte er einen halben Rückzieher, indem er Tlaib die Erlaubnis gab aus humanitären Gründen ihre Großmutter zu besuchen. Tlaib lehnte das Angebot sofort ab; sie verurteilte Israels Bedingung, dass sie "während ihres Besuchs keine Boykotte gegen Israel fördrt".
Die Entscheidung sie nicht hereinzulassen war bedauerlich, denn die Wende fügte Israel Schaden zu. Ja, natürlich hat die Regierung das Souveräne Recht jeden ins Land zu lassen oder ihn davon auszuschließen, wie sie es wünscht. Aber wie so oft stellt sich heraus, dass ein emotional zufriedenstellender Schritt nicht der klügste oder strategisch richtige ist. Hier fünf Gründe warum:
Maajid Nawaz |
Erst einmal besteht die Möglichkeit, dass die Frauen aus dem Kongress während ihrer Reisen etwas gelernt hätten, ihre Feindseligkeit gegenüber Israel zurückfahren. Das ist schon geschehen. Jesse Helms, langjähriger republikanischer Senator aus North Carolina, der 2008 starb, war für seine Israelfeindseligkeit bekannt; zum Beispiel forderte er 1982 eine "Stilllegung" der Beziehungen zwischen den USA und Israel. Aber eine Reise ins Heilige Land im Jahr 1985 machte ihn sehr betroffen und wurde zu einem zuverlässigen Unterstützer Israels. In einem jüngeren Fall erinnerte der ehemalige Islamist Maajid Nawaz sich am Twitter-Donnerstag daran, dass eine "Reise nach Israel und Begegnungen mit israelischen Menschen mich tiefgreifend veränderten".
Zweitens gibt die Aussperrung Omar und Tlaib einen neuen, glänzenden Groll, den sie gegen den jüdischen Staat einsetzen können: Seine Intoleranz gegenüber Kritik. Zusätzlich zum Vorwurf der Unterdrückung der Palästinenser durch Israel können die Kongressabgeordneten ihre persönliche Misshandlung durch Netanyahu publik machen. Tlaib zu erlauben ihre Großmutter zu besuchen, wird diese Tatsache nicht ändern.
Drittens ist reine Kritik kein akzeptabler Grund für Rache; wenn es Kritikern den Besuch erlaubt, steigert Israel sein Ansehen als fortschrittliches, starkes und modernes Land, das volle freie Meinungsäußerung willkommen heißt. Kritiker auszusperren untergräbt diese Wahrnehmung.
Viertens hätte den Besuch des Duos zuzulassen der israelischen Regierung erlaubt die Initiative und Kontrolle des Narrativs zu übernehmen. Es hätte sie mit Gastfreundlichkeit und gutem Willen überschütten können, was jede feindselige Äußerung rüpelhaft und ungehobelt hätte erscheinen lassen.
Schließlich ist Personen wegen ihrer politischen Meinung auszuschließen oder ihnen die Plattform zu entziehen seitens Israel schwachsinnig. Da Plattformentzug für proisraelische Redner und Kritiker der BDS-Bewegung an Universitäten und andernorts üblich ist, schwächt Israel den Fall gegen Plattformentzug, wenn es dasselbe mit Kongressmitgliedern macht.
Kein Zwiefel: Netanyahu wog solche Argumente ab und kam, was nicht abwegig war, zu dem Schluss, auf der sicheren Seite bei Donald Trump zu bleiben, dem US-Präsidenten mit einer einzigartig pro-israelischen Bilanz, habe dringendere Priorität.
Die folgende Rücknahme der Rücknahme verschlimmerte die Sache dann. Sie machte deutlich, dass Jerusalem sie hereinlassen wollte, sich aber "sehr schwach" Trump beugte. Tlaibs wütende Ablehnung der an ihren Besuch geknüpften Bedingungen ließ Israel kleinkariert aussehen. Und Trump könnte seine Wut immer noch gegen Netanyahu richten, weil dieser seinem Willen teilweise trotzte.
Jimmy Morales |
Netanyahus Trump-Dilemma ist eines, das US-Verbündete regelmäßig erleben: Entweder verfolgt man seine nationalen Interessen, wie man sie selbst sieht und verärgert damit den amerikanischen Präsidenten; oder man gibt ihm gegen besseres Wissen nach.
Ein weiteres dramatisches Beispiel dieses Dilemmas spielte sich vor mehr als zwei Wochen ab, als Guatemalas Präsident Jimmy Morales sich unter donnernden Drohungen Trumps veranlasst sah sowohl gegen seine eignen Wünsche und die der großen Mehrheit seiner Landsleute ein Migrationsabkommen mit Washington zu unterschreiben.
Nicht zum ersten Mal, nicht zum letzten Mal hat Trump sich selbst und seinen Freunden geschadet, indem er Schritte unternahm, die impulsiv, spontan und leichtsinnig sind. Würde er doch nur aus seinen Fehlern lernen.
Nachtrag vom 16. August 2019:
Trump machte Netanyahu keine Vorwürfe dafür Tlaib ins Land zu lassen, sondern kritisierte Tlaib, weil sie nicht ging: "Israel war sehr respektvoll und freundlich zur Abgeordneten Rashida Tlaib, als es ihr die Genehmigung gab ihre 'Großmutter' zu besuchen. Sobald ihr die Erlaubnis gegeben wurde, spielte sie sich auf und verkündete lauthals, sie würde Israel nicht besuchen. Könnte das vielleicht Falle gewesen sein? Israel handelte angemessen!"