Der Plan der Bush-Administration, für den 26. November eine neue Runde israelisch-arabischer Diplomatie einzuberufen, wird, so sage ich voraus, den amerikanischen und israelischen Interessen substanziell schaden.
Eine Regel ist, dass Verhandlungen ein gemeinsames Ziel voraussetzen; in Gesprächen zwischen Management und Arbeiterschaft z. B. wollen beide Seiten wieder an die Arbeit gehen. Wenn eine gemeinsame Voraussetzung fehlt, schlagen Verhandlungen gewöhnlicherweise nicht nur fehl, sondern sie schaden meistens mehr als sie nutzen. So sieht es auch bei den anstehenden Gesprächen in Annapolis (Maryland) aus. Eine Seite (Israel) strebt die friedliche Koexistenz an, während die andere (die Araber) versucht ihren Verhandlungspartner zu beseitigen, was durch gewalttätiges Tun, Wahlverhalten, Antworten in Umfragen, politischem Reden, Medienbotschaften, Schulbüchern, Moschee-Predigten, Wandmalereien und vieles mehr belegt ist.
Schaden wird entstehen, sollte die israelische Regierung schmerzliche Zugeständnisse" machen und im Gegenzug einen kalten Frieden oder leere Versprechungen bekommen, wie es seit 1979 ständig der Fall war. Dieser einseitige Ausgang würde einmal mehr der arabischen Hochstimmung und ihrer Entschlossenheit zur Beseitigung des jüdischen Staates Auftrieb geben.
Mahmud Abbas, Condoleezza Rice und Ehud Olmert: Werden sie in Annapolis feiern? |
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Abgesehen von diesen großen Problemen, denen man nicht ausweichen kann, sehen sich die Gespräche zwei praktischen Herausforderungen ausgesetzt: Auf der palästinensischen Seite ist Fatah-Aushängeschild Mahmud Abbas" (wie ihn die Kolumnistin Caroline Glick von der Jerusalem Post nennt) ein extrem schwacher Grashalm. Es gibt keine verantwortliche Palästinenserführung, die morgens pünktlich eine Zeitung liefern könnte", merkt Hirsh Goodman vom Jerusalem Report an, geschweige denn eine Friedensvereinbarung, die Bestand haben wird."
Auf der israelischen Seite könnte Ehud Olmert sein Premierministeramt verlieren, sollten seine kapriziösen Koalitionspartner die Regierungskoalition verlassen. Shas und Yisrael Beteinu haben vor der Teilung Jerusalems und anderer Schritte gewarnt. Von Ehud Barak, dem Führer der Arbeitspartei, wird berichtet, dass er jeden Plan ablehnen wird, der den israelischen Verteidigungskräften die freie Bewegung in der Westbank verwehrt. Außenministerin Tzipi Livni könnte sich von ihm lossagen, sollte ein palästinensisches Rückkehrrecht" nicht aufgegeben werden. Dass eine jüngst erfolgte Umfrage feststellt, dass 77 Prozent der Israelis glauben, ihre Regierung sei zu schwach in Israels Namen eine Friedensvereinbarung mit den Palästinensern zu unterzeichnen", erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass jemand desertiert.
Diese gruseligen Aussichten werfen eine Frage auf: Warum ist die Bush-Administration, nachdem sie sich fast sieben Jahren aus den israelisch-palästinensischen Verhandlungen heraus hielt, jetzt dem Virus erlegen? Einige mögliche Faktoren sind:
- Die iranische Bedrohung: Rice sieht eine Möglichkeit, dass die US-Diplomatie an einer Neuordnung des Nahen Ostens mitarbeitet, die aus der iranischen Aggression resultiert, akut (Hisbollah, Hamas) wie künftig (Atomwaffen).
- Nichtstun ist schlimmer: Wenn nichts getan wird, wird Kadimas bereits schlechtes Ansehen in den Umfragen noch weiter fallen und die dürftige Kontrolle der Fatah über die Westbank wird erodieren. Die Aussichten darauf, dass der Likud und die Hamas auf Olmert und Abbas folgen, gefällt der Bush-Administration nicht mehr als diesen beiden Männern.
- Vermächtnis: Zbigniew Brzezinski hat die Hoffnungen des außenpolitischen Establishments zu Annapolis und dessen düstere Sicht zu Rice so ausgedrückt: Sie erkennt, dass ihr Vermächtnis gerade jetzt ziemlich dürftig ist. Wenn sie das hinkriegt, wird sie als wirklich historische Person gesehen werden."
- Bürgerrechte: Rice glaubt an eine bizarre Analogie zwischen den Palästinensern der Westbank und den Schwarzen des amerikanischen Südens.
- Messianismus: George W. Bush wie auch Rice scheinen sich selbst als dazu bestimmt zu betrachten die arabisch-israelischen Feindseligkeiten zu lösen. Ein Gesprächspartner erinnert sich, dass sie glaubt, dass jetzt die Zeit ist, den israelischen und palästinensischen Konflikt zu beenden."
Im Kommentar von Rice hallt sowohl die Äußerung George H.W. Bushs von 1991 wieder, dass die Zeit gekommen ist, dem arabisch-israelischen Konflikt ein Ende zu setzen", als auch Ariel Sharons Ankündigung von 2005, dass er die Absicht hat dieses Problem ein für alle Mal zu lösen". Wie aber Irving Kristol so erinnernswert feststellte: Wen die Götter vernichten wollen, den stiften sie vorher an den arabisch-israelischen Konflikt zu lösen."