Von Daniel Pipes, Blog, 10. Januar 2017
"Der Weg zum Frieden: ein israelischer Sieg, eine palästinensische Niederlage", mein Artikel in der aktuellen Ausgabe des Commentary, hat Kritik provoziert, hauptsächlich in Bezug auf zwei Punkte: dass ich die Existenz eines palästinensischen Volks akzeptiere und dass ich glaube es könne besiegt werden. Meine Argumente:
(1) So etwas wie ein palästinensisches Volk gibt es nicht: In der Tat gab es, wie Leser feststellen, solch ein Volk durch die Jahrhunderte nicht. Palästina (Arabisch: "Filastin") als politische Einheit kam erst als zionistischer Triumph in Gebrauch, als er von den britischen Besatzern nach Ausgabe der Balfour-Erklärung 1917 angeordnet wurde. Palästinenser (Arabisch: "Filastiniyun") kam ebenfalls erst im zwanzigsten Jahrhundert in Gebrauch. Jerusalem fungierte nie als Hauptstadt eines souveränen muslimischen Staates. Stimmt alles.
Aber ab 1920 verstanden mit der Zuerkennung einer geografischen Einheit, die später das britische Mandat Palästina bezeichnete, die Arabisch sprechenden Muslime dieses Gebiets, dass sie die palästinensische Identität übernehmen mussten. 1948, als die Juden den Begriff Palästina zugunsten von Israel aufgaben, wurde das Wort Palästinenser zu einem exklusiv arabischen. Mit der Gründung der Palästinensischen Befreiungsorganisation 1964 bekam diese Identität eine politische Ausdrucksform. 1994 gab die palästinensische Autonomiebehörde dem einen offiziellen Status. An diesem Punkt ist es sinnlos, sogar dumm, die Existenz eines ausgeprägt palästinensisch-arabischen Volks abzustreiten.
Palästinenser im Gazastreifen protestieren im Februar 2014 gegen US-Außenminister John Kerry. |
Abgesehen davon könnte die palästinensisch-arabische Identität, die aus politischer Notwendigkeit derart schnell aufkam, nicht lange Bestand haben; wie ich schon 1989 erwähnt, "könnte der Vorrang des palästinensischen Nationalismus eventuell enden, vielleicht so schnell wie er begann".
(2) Muslimische Völker geben nie auf, machen mit Krieg immer weiter und können daher nicht besiegt werden: Ich behandelte das in dem Artikel in Commentary beiläufig: "Muslime haben die Geschichte hindurch wiederholt vor Ungläubigen klein beigegeben, wenn sie sich einer entschlossenen, überlegenen Streitmacht gegenüber sehen; das geschah von Spanien über den Balkan bis in den Libanon."
Darauf kommt die Antwort, dass Muslime heutzutage und in anderen Fällen nicht völlig aufgeben: Islamisten träumen von Al-Andalus, der türkische Präsident Erdoğan hat neoosmanische Ambitionen auf dem Balkan und libanesische Muslime lösten erfolgreich den christlich dominierten Staat auf.
Die Alhambra zurück unter muslimische Herrschaft? |
Das stimmt wieder alles. Aber die Idee Spanien zurückzuerobern ist auf den Bereich des Fantasterei beschränkt; Erdoğan hat nicht die Absicht den Balkan militärisch zurückzuerobern und die Muslime des Libanon nutzten die Pläne eines Nachbarn (Syrien) für ihr Land, um die Maroniten zu stürzen.
Ein Vergleich von Muslimen und Christen macht diesen Punkt deutlicher: Wenn die oben angeführten Beispiele einen unsterblichen muslimischen Geist zeigen, gilt dasselbe auch für Christen (und infolgedessen für jeden, z.B. die Chinesen).
- Das Königreich Spanien beansprucht Gibraltar, obwohl es 1713 – vor mehr als 300 Jahren – auf ewig Großbritannien überlassen wurde.
- Die Regierung Griechenlands erhob nach dem Ersten Weltkrieg Anspruch auf Anatolien, das schon 700 Jahre unter muslimischer Herrschaft stand.
- Benito Mussolini, der Herrscher Italiens, versuchte 1.400 Jahre nach dem Untergang des westlichen Imperiums im Jahr 476 das römische Imperium wieder auferstehen zu lassen.
Diese Auflistung zeigt die Tatsache auf, dass irredentistische Ideen manchmal sehr lange überleben und mit Gebrüll wieder zum Leben erweckt werden. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass Kriege enden, wenn eine Seite aufgibt, was für Muslime genauso gilt wie für Nichtmuslime.
(10.Januar 2017)
Daniel Pipes (www.DanielPipes.org) ist Präsident des Middle East Forum
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