Das Original-Interview findet sich auf "Sfide Impegnative in Medioriente: intervista a Daniel Pipes."
Frage: Präsident Trumps allererster Stopp im Ausland – vor Israel und dem Vatikan – wird Saudi-Arabien sein. Was halten sie von dieser überraschenden Entscheidung?
Antwort: Bei Donald Trump überrascht alles, von dem Tag an, als er vor zwei Jahren die Präsidentschaftskandidatur ankündigte, bis heute. Also passt diese Reise zum Teil in ein größeres Muster. Es ist bisher nie vorgekommen, dass ein Präsident nicht zuerst ein zentralamerikanisches, nordamerikanisches oder westeuropäisches Land besuchte. Warum Trump Saudi-Arabien diese Ehre erweist? Ich vermute, er will sowohl seinen antimuslimischen Ruf wettmachen als auch Regierungen gegen Teheran wachrütteln.
Runde Eins der Diplomatie Trumps mit der saudischen Monarchie begann am 14. März in Washington mit dem Vizekronprinzen Mohammed bin Salman. |
Frage: Warum betrachten Amerikaner Riyadh als weniger gefährlich als Teheran, in Anbetracht der Investition enormer Geldsummen der saudischen Regierung in die Verbreitung ihrer wahhabitischen Version des Islam, mit der der Islamismus und Jihadismus verstärk werden?
Antwort: Das ist einfach. Teheran ist schlicht feindselig, während Riyadh ein komplexes Spiel der Kooperation mit Washington auf der politisch-militärischen Ebene spielt, während Christen und Juden auf der Bildungs- und religiösen Ebene als Feind dargestellt werden.
Frage: Seit 1979 hat die Islamische Republik Iran Extremismus und Terrorismus exportiert, die sich insbesondere gegen Amerikaner und Juden richten. Aktuell kämpft er im Libanon, Syrien, dem Irak und dem Jemen. Sehen Sie, dass die Macht des Iran weiter zunimmt?
Antwort: Das sehe ich nicht so. Der Iran profitiert im Augenblick von fast zwei Jahrzehnten stabiler Führung, dem JCPOA und der Unruhe in arabischsprachigen Ländern. Aber all das könnte sich bald ändern, was die Islamische Republik Iran stark geschwächt zurücklässt.
Frage: Die Syrienkrise gab den Russen eine Chance in den Nahen Osten zurückzukehren, dennoch hat Präsident Trump erklärt, dass Wladimir Putin ein potenzieller Partner ist. Stimmen Sie dem zu?
Antwort: Nein. Putins hauptsächliches außenpolitisches Ziel besteht darin Macht und Prestige auf Kosten der Vereinigten Staaten zu gewinnen, also kann er kein Partner sein.
Alle strahlen, wenn Russlands Präsident Putin (rechts) den iranischen Präsidenten Rouhani trifft. |
Frage: Reaktionäre und möchtegern-totalitäre Kräfte wie die Regierungen von China, Russland, dem Iran, der Türkei und Venezuela scheinen auf Kosten der liberalen demokratischen Ordnung zuzulegen. Stimmen Sie zu?
Antwort: Ja, die liberale demokratische Ordnung erreichte 1991 ihren Höchststand mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion; seitdem ist sie im Niedergang begriffen. Besonders die schwache westliche Führung ist dafür verantwortlich, ebenso die dauernde Verführungskraft schlechter politischer Entscheidungen außerhalb des Westens.
Frage: Während seines Wahlkampfs forderte Donald Trump "Amerika First", ein scheinbar jacksonianischer Rückzug aus den Wirren der Welt. Als Präsident hat er jedoch viele dieser Standpunkte aufgegeben. Wird die US-Regierung weiterhin ihre traditionellen Einstellungen der Zeit nach 1945 einnehmen?
Antwort: Trump hat zahllose seiner Wahlkampfversprechen umgedreht. Das lässt sich leicht erklären, denn er hatte nur allzu einfache Meinungen, bevor er Präsident wurde; seitdem hat er die Komplexitäten und Realitäten der Welt kennengelernt. Glücklicherweise hat er nicht darauf bestanden an seiner früheren Ignoranz festzuhalten, sondern ist bereit gewesen neues Material aufzusaugen. Also denke ich, ja, er wird in etwa an der Standartpolitik seit 1945 festhalten.
Frage: Im Januar schrieben Sie in "Der Weg zum Frieden: ein israelischer Sieg, eine palästinensische Niederlage": "Wenn genug Palästinenser den Traum Israel auszulöschen aufgeben, werden sie Zugeständnisse machen, die zur Beendigung des Konflikts notwendig sind. Um den Konflikt zu beenden, muss Israel mehr als 50 Prozent der Palästinenser überzeugen, dass sie verloren haben." Aber Daniel Polisar vom Shalem College in Jerusalem stellte in einer aktuellen Untersuchung hunderter palästinensischer Meinungsumfragen fest, dass die Mehrheit der Palästinenser ein Israel an der Seite Palästinas im Verhältnis von mehr als 3 zu 1 ablehnt. Wie reagieren Sie auf diese Daten?
Antwort: Polisar stellt verschiedentlich fest, dass 25, 30 und 32 Prozent der Palästinenser bereit sind neben einem jüdischen Staat zu leben; diese Zahlen übertreffen meine Schätzung von 20 Prozent der Palästinenser, die einen jüdischen Staat akzeptieren, leicht. Damit ist (1) seine Schätzung optimistischer als meine und (2) liegt eine Menge Arbeit vor uns um aus diesen schwachen Anteilen ein eine Mehrheit zu machen.
Frage: Die meisten Beobachter sehen Trump als weit positiver für Israel als Obama. Stimmen Sie dem zu?
Antwort: Trump lernt im Job und wir haben keine Vorstellung davon, wohin seine Schulung ihn führen wird. Man kann sich Szenarien ausmalen, die von sehr großer Freundlichkeit bis zu sehr großer Feindschaft gegenüber Israel und allem dazwischen reichen. Wenn ich etwas voraussagen soll, dann erwarte ich leichte Feindseligkeit – weil Egomanen dazu tendieren von Besuchen in Riyadh und Dubai befriedigter zu sein als von solchen in Jerusalem und Tel Aviv.
Dubai, der Traum eines jeden Projektentwicklers |
Frage: Die ergänzte Hamas-Charta erklärt, dass ganz Palästina der muslimischen Umma gehört, was uns an die islamistische Ablehnung Israels und die langjährige arabische und islamische Verweigerungshaltung gegenüber dem jüdischen Staat erinnert. Wenn der israelisch-arabische Konflikt von Beginn an ein Religionskrieg war, macht es ihn besonders schwer lösbar. Stimmen Sie zu?
Antwort: Ja. Obwohl sie größtenteils verborgen ist, ist die religiöse Grundlage des arabisch-israelischen Konflikts immer der Schlüssel gewesen. Die Tatsache, dass Juden historisch Macht fehlte, macht die Gründung Israels umso bitterer und widerwärtiger. Dass Zionisten Israel kauften und nicht Palästina stahlen, macht die Sache noch demütigender.
Frage: Der Islam ist im Kern ein theologisches und politisches System. Wie können wir halbwegs erwarten, dass ein solches System sich westlichen Werten anpasst, ohne seine innere Logik zu zerstören? Mit anderen Worten: Ist Jihadismus unvermeidlich?
Antwort: Nein, das ist nicht so. Alle Religionen – tatsächlich alle menschlichen Schöpfungen – verändern sich im Lauf der Zeit. Das Christentum und das Judentum unterschieden sich vor ein paar Jahrhunderten tiefgreifend von ihren heutigen Erscheinungsformen. Der Islam hat sich im letzten halben Jahrhundert auf viele Weisen verändert. Von daher gibt es jede Menge Gründe zu glauben, dass der Islam sich weiterhin verändern wird; wollen wir hoffen, dass er sich modernisiert und der Jihadismus verschwindet.