Interview durch Niram Ferreti; italienischer Originaltitel: "Intervista: 'La politica di Israele dovrebben essere la vittoria'
L'Informale: Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas hat zu einem neuen Phänomen geführt: Weitverbreitete Krawalle israelischer arabischen Bürger. Stimmen Sie dem israelischen Historiker Benny Morris aus dem Jahr 2004 zu, dass israelische Araber eine "tickende Bombe" sind?
Daniel Pipes: Auf jeden Fall. Ich habe seit 1986 über die israelischen Araber geschrieben und argumentiere seit 2006, dass sie Israels "letzter Feind" und eine "existenzielle Bedrohung" sind. Nachdem Staaten des Auslands und externen Palästinensern neutralisiert sind, bleiben die arabischen Bürger Israels als der Feind, der nicht besiegt, sondern integriert werden muss, eine weit schwierigere Aufgab.
L'Informale: Hat die Hamas es mit den aktuellen Kämpfen geschafft ihr Langzeitziel zu erreichen die Fatah als Hauptorganisation der Palästinenser zur Eliminierung Israels abzulösen?
DP: Das bezweifle ich. Die Fata und ihre zugehörigen Organisationen (die Palästinensische Befreiungsorganisation und die palästinensische Autonomiebehörde) genießen bei den Israelis und international eine Legitimität , die der Hamas fehlt, was ihr Zugang zu Geld und anderer Unterstützung gibt, die der Hamas fehlen. Die Hamas kann die Fatah hemmen, aber nicht ersetzen.
Die Hamas (hier repräsentiert von Ismail Haniye, links) ist stärker als die palästinensische Autonomiebehörde (repräsentiert von Mahmud Abbas), kann sie aber nicht ersetzen. |
L'Informale: Es scheint so, dass der aktuelle Kampf mit der Hamas, wie solche aus der Vergangenheit, mit einem Waffenstillstand enden wird. Ist das unausweichlich oder kann das möglicherweis auch anders ausgehen?
DP: Da dies Israels vierte große Konfrontation mit der Hamas ist (die früheren fanden 2008/9, 2012 und 2014 statt), sind viele Israelis entschlossen das Szenario des "Rasenmähens" – 1. Eines Waffenstillstands, 2. der Vorbereitung der nächsten Runde durch die Hamas und 3. erneuerter Kämpfe – nicht zu wiederholen.
Die hauptsächliche Hauptalternative ist eine Bodenoffensive, die es den israelischen Streitkräften ermöglicht den Gazastreifen zurückzuerobern und zu beherrschen. Das stellt jedoch dieselben unlösbaren Probleme dar wie 2003, als Ariel Sharon beschloss einseitig aus dem Gebiet abzuziehen: Die Gazaner werden Schmerzen bereiten, die die Israelis vermeiden wollen.
Andere Entwürfe bringen aus Israels Sicht ebenfalls große Probleme mit sich: wiederholtes Eindringen würde zu massiven internationalen und sogar innenpolitischen Verurteilungen führen; einen starken Mann einzusetzen würde wahrscheinlich mit Antizionismus enden.
Folglich ja: Ein Waffenstillstand ist der wahrscheinlichste Ausgang.
L'Informale: Sie haben die Israelis lange dafür kritisiert, dass sie nicht den Sieg anstreben, was bedeutet würde den Palästinenser ihren Willen aufzuzwingen. Betrachten Sie das heute auch als ein Problem?
DP: Mehr als je zuvor. Es ist so, wie Sima Shine von Israels Institute for National Security Studies zu Israels Position gegenüber Gaza betonte: "Es gibt keine Strategie."
Ich schlage vor, dass Israels Grundsatz ein Sieg sein sollte, was bedeutet dem Feind seinen Willen aufzuzwingen, die Gazaner zu überzeugen, dass sie den Krieg verloren haben, dass sie ihr Kriegsziel der Beseitigung des jüdischen Staates nicht erreichen können.
Ist dieses politische Ziel erst einmal eingeführt, sollte alles zukünftige israelische Handeln – Militärschläge, Cyber-Aktivitäten, Bereitstellung von Versorgungsgütern, Grenzpatrouillen, Belohnungen und Bestrafungen usw. – im Licht der Förderung dieses Ziels betrachtet werden.
Zu den Beispielen gehört der Hamas die Führungsköpfe abzuschlagen, wo immer sie sich befinden (auch in Malaysia, Qatar und sogar der Türkei); Lebensmittel, Sprit, Medikamente und Wasser nur in den Gazastreifen zu liefern, wenn die Ruhe anhält; und Neubewertungen koranischer Richtlinien zur Kontrolle von Territorium sowie den Platz der Juden im Heiligen Land zu prüfen.
I'Informale: Viele politische Analysten betrachten die Abraham-Vereinbarungen als den Beginn einer neuen Epoche, auch wenn einige wenige, wie Martin Sherman, warnen. Wie sehen Sie das?
DP: Ich war und bin begeistert von den Vereinbarungen, besonders von der mit den Vereinigten Arabischen Emiraten; die mit Marokko und dem Sudan waren wackeliger. Die Vereinbarungen sind Teil eines größeren Trends des muslimischen Rückzugs von Israel (während die Linke sich stärker engagiert und feindlicher wird). Dieser Trend setzt sich fort, wie die oberflächlichen Verurteilungen durch sunnitische Staaten bestätigen.
Die Abraham-Vereinbarungen mit den VAE und Bahrain sollten überleben; Marokko und der Sudan sind wackeliger. |
L'Informale: Beeinflussen die jetzigen Kämpfe den Wiedereintritt der US-Regierung in den JCPOA mit dem Iran?
DP: Vierzig US-Senatoren appellierten an den Präsidenten die Verhandlungen mit der Islamischen Republik Iran einzustellen, weil diese die Hamas versorgt. Außenminister Anthony Blinken erteilte ihnen eine Abfuhr. Das legt nahe, dass die Administration Biden dem Krieg zwischen der Hamas und Israel nicht erlauben wird die USA vom Wiedereintritt in den JCPOA abzuhalten.
Daniel Pipes (DanielPipes.org, @DanielPipes) ist Präsident des Middle East Forum
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